Verfilmung von Martin Suter-Romanen: Bestseller in primetimetauglich

Die ARD zeigt die beiden ersten Detektivromane von Martin Suter. Es ist eine armselige Verfilmung mit Fehlbesetzung.

Zwei Männer sitzen im Dunkeln auf einem Motorrad.

Das schlimmste an der ganzen Verfilmung? Heino Ferchs (links) Perücke Foto: H. Brackmann/ARD Degeto

In den Detektivromanen von Martin Suter ermittelt Allmen, der Meisterdetektiv ins spe, und sein treu sich unterordnender Begleiter Carlos. Fast wie Sherlock Holmes und Doktor Watson. Vier Romane – erschienen zwischen 2011 und 2014 – bestreitet das Paar. Und es hätte eigentliche eine gute Idee der ARD sein können, die ersten beiden dieser Räuberpistolen zu verfilmen.

Zumindest die Besetzung lässt sich sehen: Samuel Finzis eigener Charme steht der Figur des Carlos ganz gut. Bei Suter liest man: „Er kochte, servierte, bügelte, putzte, reparierte, improvisierte.“ Auch gegen viele andere ist nichts einzuwenden: Peter Kurth als lästiger Gläubiger – „vierschrötig, kurzhalsig, rothändig“ (Suter) –, Gustav Peter Wöhler als diskreter Kunsthehler, Hanns Zischler als kunstsammelnder Millionär mit Contenance und Ben Becker in der Standardrolle seines Lebens als rüpelndes Alphamännchen.

Doch ausgerechnet die Hauptrolle ist mit Heino Ferch eine Fehlbesetzung. Auf den ersten Blick ist die Wahl gar nicht so schlecht. Immerhin ist Ferchs Standardrolle der virile, schweigsame Loner (etwa in der ZDF-Reihe „Spuren des Bösen“). Ein prädestinierter „hardboiled detective“.

Doch das Problem: Suters Detektiv ist das genaue Gegenteil. „Sein voller Name lautete von Allmen [. . .] und hatte ursprünglich keine andere Bedeutung, als dass sein Träger von den Alpen kam. Aber schon in jungen Jahren hatte von Allmen in einer republikanischen Geste auf das ,von' verzichtet und diesem damit eine Bedeutung verschafft, die es nie besessen hatte.“ Allmen bringt erst sein ganzes Erbe durch und muss dann lernen, seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu bestreiten – zunächst als Kunstdieb, später als Kunstdetektiv.

Allmen ist das eigentliche Ereignis der Allmen-Romane, über deren eher egale Krimiplots man getrost den Mantel des Schweigens hüllen kann. Das Geheimnis der fünf Libellen und die Jagd nach einem Diamanten ist weder das eine noch das andere. Deshalb steht und fällt die ganze Verfilmung mit ihrem Hauptdarsteller.

Glattgebügelt und primetimetauglich

Nun ist gegen eine ungewöhnliche Besetzung grundsätzlich nichts einzuwenden. Wohl aber gegen die dämliche Perücke. Gegen die bei Ferch ungewohnte und aufgesetzte Theatralik, die Ironie sein soll. Gegen die in keinem der Suter-Romane stehenden Geistesgrößen-Zitate, die Ferch ständig aufsagen muss (Drehbuch: Martin Rauhaus). Und dann spricht er auch noch Jean Paul falsch aus (nämlich wie Belmondo). Dem echten, also Suters Allmen wäre das im Leben nicht passiert, denn „sein Gebiet waren die Sprachen. Er lernte sie leicht und gerne und hatte sich ihrem Studium über Jahre in den Hauptstädten dieser Welt gewidmet“.

Wie denkt die ARD offenbar über ihr Publikum, wenn selbst ein so maximal mainstreamkompatibler Autor wie Martin Suter noch glattgebügelt werden muss, um als primetimetauglich zu gelten? Es ist ja nicht so, als würde Suter unfilmisch erzählen. Warum also musste hier nahezu jede von Suters ­Szenen durch eine andere, schlechtere ersetzt werden? Und warum nur verzichtet der Film auf den nächstliegenden Schauwert?

„Allmen war Stammkunde bei Herrn Arnold. Der besaß zwei Taxis, einen Mercedes Diesel und ebendiesen schwarzen chromblitzenden Amerikanerschlitten, den er für Liebhaber wie Allmen aus der Garage holte“. So lässt sich Allmen also in einem 1978er Fleetwood Cadillac durch Suters Romane chauffieren – im Film muss er sich als Fahrgast mit dem Mercedes Diesel bescheiden. Fast möchte man meinen, Regisseur Thomas Berger habe mutwillig auf die bislang armseligste Suter-Adaption überhaupt hingearbeitet.

29.4., ARD, 20.15 Uhr, „Allmen und das Geheimnis der Libellen“ und 6.5., ARD, 20.15 Uhr, „Allmen und das Geheimnis der rosa Diamanten“

1987 zeigte die ARD „Der Prins muß her“ mit Peter Sattmann. Auch ein Serienheld, dem nach seinem Bankrott einfällt, seinen Lebensunterhalt als Kunstdetektiv zu bestreiten. Man hätte auch einfach diesen Film wiederholen können. Wäre billiger gekommen. Und besser auch.

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