Verfassungsreform in Kuba: Der Kommunismus ist am Ende

Eine Reform sieht die Ehe für alle vor, die Einführung eines Regierungschefs und legalen Privatbesitz. Bis Montag soll das Parlament darüber abstimmen.

Vier Menschen laufen eine Straße entlang, eine_r von ihnen hält eine Regenbogenfahne. Man sieht sie von hinten

Der Kommunismus ist passé, die LGBT-Community erhält mehr Rechte Foto: ap

Mariela Castro, Tochter des Ex-Präsidenten Raúl Castro, ist wieder einen Schritt weiter auf dem Weg zur Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Kuba. Die Leiterin des Instituts für Sexualerziehung (Censex) in Havanna gilt als treibende Kraft hinter dem Artikel 68 des Verfassungsentwurfs, der die Ehe als „freiwillig geschlossenen Bund zweier Personen“ definiert.

Der Sekretär des Staatsrats, Homero Acosta, sagte gegenüber Granma, der Zeitung der Kommunistischen Partei, dass das Geschlecht der Beteiligten nicht festgelegt werde. Das öffne die Tür für die gleichgeschlechtliche Ehe, kommentierte der Journalist und Aktivist für die Rechte Homosexueller Francisco Rodríguez auf seiner Homepage und lobte die „Neue Revolution des (Artikels) 68“. Gleichzeitig räumte er indes ein, dass es noch ein weiter Weg sei bis dahin.

Widerstand von den protestantischen Kirchen gibt es genauso wie Diskriminierung im Alltag. Ein aktueller Fall ist der Rauswurf eines schwulen Paars am 9. Juli in der Bar Efe im Stadtteil Vedado von Havanna, der auf Facebook für einen Sturm der Kritik sorgte. Wie Kriminelle seien sie behandelt und rausgeschmissen worden, schreibt Brian Canelles, einer der beiden Männer, auf Facebook. Nur weil sie sich geküsst und dabei ein Selfie gemacht hätten.

Das könnte zukünftig strafbar werden, denn die neue Verfassung beinhaltet auch das „Prinzip der Nichtdiskriminierung wegen der sexuellen Orientierung“, so dass die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender (LGBT) in der kubanischen Rechtsordnung zukünftig festgeschrieben werden kann. Ein Fortschritt für die äußerst aktive LGBT-Gemeinde in Kuba, die, so Rodríguez, lange stigmatisiert worden ist.

Ideologische Öffnung durch Privateigentum

Neu ist in der Verfassungsnovelle auch das Recht auf Privateigentum. Die Rolle des Marktes könne „nicht ignoriert werden“, der Privatbesitz sei heute eine Realität des „ökonomischen und sozialen Modells“ der Insel, so Acosta. Dadurch sollen kleinere und mittlere Unternehmen auch rechtlich mehr Anerkennung erhalten, allerdings müsse laut Acosta die Fähigkeit des Staates zur Leitung und Kontrolle der Wirtschaft bewahrt werden.

Derzeit sind offiziellen Zahlen zufolge 591.000 Selbständige in Kuba registriert, die für rund 13 Prozent der Wirtschaftsleistung verantwortlich sind – Tendenz steigend. Mit dem Bekenntnis zum Privateigentum und einer Mischwirtschaft, in der auch der Genossenschaftssektor steigende Bedeutung erhalten soll, erfolgt de facto eine ideologische Öffnung, sagen politische Analysten. Parallel dazu wurde das übergeordnete Ziel der „Schaffung einer kommunistischen Gesellschaft“ der bis heute gültigen Verfassung von 1976 fallen gelassen.

Laut Verfassungsnovelle soll dem Präsidenten künftig ein Regierungschef zur Seite stehen. Der Präsident solle außerdem nicht länger dem Staatsrat, oberstes Exekutivorgan, und parallel dem Ministerrat vorstehen. Folgerichtig wird die Macht auf mehrere Schultern verteilt – eine wichtige Neuerung auf der Insel, die in den letzten knapp sechzig Jahren von den Brüdern Castro, Fidel und danach Raúl, regiert wurde.

Zudem legt die Verfassungsnovelle eine Alters- und Amtszeitbegrenzung für den Präsidenten fest, der beim Amtsantritt jünger als 60 Jahre sein müsse und nicht mehr als zwei aufeinander folgende Amtszeiten regieren dürfe. Das Parlament soll bis Montag über die 224 Artikel der neuen Verfassung abstimmen. Für die kommenden Monate ist ein Referendum zu der neuen Verfassung geplant.

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