Verfassungskrise in Sri Lanka: Präsident Sirisena schafft Fakten
In Sri Lanka geht der innenpolitische Konflikt weiter. Das Ergebnis des Machtkampfes entscheidet auch über die Bindung an Indien oder China.
In Sri Lankas innenpolitischem Konflikt haben beide Seiten nachgelegt. So vereidigte Präsident Maithripala Sirisena am Montag die Regierung des neuen Premierministers Mahinda Rajapaksa. Rund 10.000 Anhänger des bisherigen Ministerpräsidenten Ranil Wickremesinghe, der seine Entlassung vom Freitag nicht akzeptiert, demonstrierten am Dienstag vor dessen Amtssitz.
Rajapaksa forderte Wickremesinghe am Dienstag auf, den Regierungssitz zu verlassen, sonst werde er geräumt. Präsident Sirisena hatte einem Minister Wickremesinghes am Wochenende ein von Indien lanciertes Mordkomplott vorgeworfen. Das hatte er als Begründung für die Entlassung nachgeschoben, ohne Details zu nennen.
Der neue Premier Rajapaksa hatte Sri Lanka von 2005 bis 2015 autoritär als Präsident regiert und in dieser Zeit den Bürgerkrieg mit den tamilischen Tamil-Tigers-Rebellen blutig beendet. Sirisena war einst Minister unter Rajapaksa gewesen, bis er sich mit dessen Gegner Wickremesinghe verbündete und 2015 die Wahl gewann.
Doch Sirisena, der ursprünglich nur eine Amtszeit Präsident sein wollte, und Wickremesinghe verstanden sich nicht und wurden zu Konkurrenten. Sirisena will jetzt Präsident bleiben. Wickremesinghe will es werden.
Suspendiertes Parlament
Um die neue Regierung gegen den Willen der alten einsetzen zu können, hat Sirisena das Parlament bis zum 19. November suspendiert. Doch laut Wickremesinghe könne nur das Parlament einen Premier entlassen oder einsetzen, nicht aber der Präsident. Wickremesinghe glaubt, dass er weiter die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich hat. Doch dies nützt nichts, solange das Parlament nicht tagen kann.
Solange hoffen Sirisena und Rajapaksa, dass sie genügend Abgeordnete für eine Mehrheit zu sich herüberziehen können. Parlamentspräsident Karu Jayasuriya verlangt vergeblich die schnelle Einberufung des Parlaments und warnt vergeblich vor Gewalt. Schon am Sonntag war es zu zwei Toten im Ölministerium gekommen, als Anhänger Rajapaksas den Minister Arjuna Ranatunga, einen früheren Cricketstar, am Betreten des Gebäudes hindern wollten. Dabei schossen seine Leibwächter auf Demonstranten, von denen zwei starben. Am Montag wurde Ranatunga festgenommen.
Der Machtkampf entscheidet auch über die künftige Außenpolitik des Inselstaates. Rajapaksa gilt als enger Freund Chinas, während Wickremesinghe Indien und westlichen Ländern näher steht. Letztere forderten deshalb Sirisena zur Einhaltung der Verfassung auf und erklärten das Parlament zur zentralen Entscheidungsinstanz.
China hatte dem Inselstaat unter Rajapaksa so großzügig Kredit gegeben, dass er in eine Schuldenfalle tappte und die Hoheit über den Hafen Hambantota für 99 Jahre abtreten musste. Indien fürchtet seitdem Chinas Präsenz im Nachbarstaat und bemüht sich seitdem selbst, seinen Einfluss zurückzugewinnen.
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