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Verfassungsgericht urteilt zur ÜberwachungÄrzte dürfen bespitzelt werden

Das Bundesverfassungsgericht akzeptiert eine Neuregelung der Telefonüberwachung. Somit bleiben Ärzte und Journalisten weniger geschützt als Anwälte.

Bei Pfarrern und Anwälten darf nicht gelauscht werden, bei Journalisten und Ärzten schon. Bild: dapd

FREIBURG taz | Journalisten und Ärzte sind auch künftig schlechter gegen Abhörmaßnahmen geschützt als Anwälte und Pfarrer. Das Bundesverfassungsgericht wies jetzt drei Verfassungsbeschwerden von insgesamt 22 Bürgern zurück, die gegen die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ-Novelle) Ende 2007 geklagt hatten.

Damals hatte die große Koalition aus CDU und SPD die heimlichen Ermittlungsmaßnahmen in der Strafprozessordnung neu und übersichtlicher geregelt. Teilweise gab es sogar Verbesserungen für die Bürger, die aber nicht wahrgenommen wurden, weil zugleich die umstrittene Vorratsdatenspeicherung beschlossen wurde.

So sieht die Strafprozessordnung inzwischen vor, dass Anwälte, Pfarrer und Abgeordnete überhaupt nicht mehr abgehört werden dürfen, wenn sie nicht selbst verdächtig sind. Normale Anwälte wurden erst im Februar dieses Jahres den Strafverteidigern gleichgestellt. Für Ärzte und Journalisten hat sich der Schutz 2007 zwar auch verbessert, sie genießen aber nur einen schwächeren Abhörschutz.

Kein genereller Vorrang vor Strafverfolgung

Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts rechtfertigte jetzt diese Ungleichbehandlung der "Berufsgeheimnisträger". Gespräche mit Pfarrern und Strafverteidigern berührten die Menschenwürde, Abgeordnete seien vom Grundgesetz besonders geschützt. Dagegen sei bei Ärzten nur ein Teil der Kommunikation besonders sensibel, und dass die Presse keinen generellen Vorrang vor der Strafverfolgung habe, sei ohnehin ständige Karlsruher Rechtsprechung.

Kritisiert wurde von den Klägern, die teilweise vom Altliberalen Burkhard Hirsch vertreten wurden, auch der neue Schutz des "Kernbereichs privater Lebensgestaltung". Verboten sind Abhörmaßnahmen nämlich nur, wenn sie gezielt den Kernbereich des Privatlebens betreffen. Die Kläger wollten erreichen, dass auch dann nicht abgehört werden darf, wenn zu befürchten ist, dass nur teilweise Privates mitgeschnitten wird. Doch die Richter meinten, in solchen Fällen genüge ein "Verwertungsverbot".

Auch die Neubestimmung der Delikte, zu deren Aufklärung abgehört werden kann, wurde jetzt in Karlsruhe akzeptiert. Dem Katalog wurden zum Beispiel Abgeordnetenbestechung und Besitz von Kinderpornografie zugefügt. (Az.: 2 BvR 236/08 u. a.)

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3 Kommentare

 / 
  • SI
    Say I

    Liebe taz-Redaktion,

    die Lektüre des entsprechenden Artikels „Ärzte und Presse unsicher“ in der Printausgabe hinterließ auch bei mir, der ich weder Mediziner, noch Journalist bin, mehr Unsicherheit als Aufgeklärtheit hinsichtlich der legalen Abhörpraxis nach dem aktuellen Verfassungsgerichtsurteil. Gespräche mit Pfarrern sind also (weiterhin) besonders schützenswert, weil sie (generell) die Menschenwürde berühren, wie im Artikel zu lesen ist. Ist es also auch für mich als nichtgläubigen Menschen empfehlenswert, mich mit Problemen, die unmittelbar meine Menschenwürde betreffen, stets einem schwarzbekittelten Mitglied einer frauenfeindlichen Weltanschauungsgemeinschaft anzuvertrauen, um sicher zu gehen, dass ich nicht dabei belauscht werde? Oder tut‘s auch ein Rabbi, Guru oder sonstwie überirdisch Gesegneter? Oder wird allen Nichtchristen einfach generell die Schutzwürdigkeit ihrer Menschenwürde hinsichtlich religiöser oder weltanschaulicher Vertraulichkeiten abgesprochen?

    Reicht es bei der Kommunikation mit meinem Hausarzt, wenn ich die Betreffzeile mit den Worten „Ich muss Ihnen etwas BEICHTEN, Herr Doktor!“ beginne, oder wäre es sinnvoller, sich lokale Mediziner zu googlen, die auch ein Abgeordnetenmandat innehaben? Genügt hier bereits ein Dr. med. dent. aus dem Stadtrat oder muss schon eine Nummer schützenswerter sein?

    Und wie effektiv wird die Abhörpraxis bezüglich des als abhörtauglich neu dazugekommenen Deliktes der Abgeordnetenbestechung bei unseren grundgesetzlich abhörgeschützen Abgeordneten sein? Kann ich mir als engagierter, aufstrebender Lobbyvertreter eigentlich noch sicher sein, dass mir mit der E-Mail vom MdB meines Vertrauens aus dem Verteidigungsausschuss außer den Angaben zu einem namenlosen Schweizer Nummernkonto nicht auch ein Überwachungstrojaner in meinen Account flattert?

    Vielleicht könnte man ja mal bei unseren Verfassungsschutzorganen nachfragen, aber ich befürchte, die haben gerade genug zu tun mit einem unbestimmten weißen Rauschen auf dem rechten Überwachungsohr.

  • W
    Webmarxist

    Die Pressefreiheit ist in einer Demokratie wichtig und vom Grundgesetz her gesetzlich geschützt. Was erhoffen sich die Ermittlungsbehörden vom Lauschangriff. Die Bürger haben ein Recht zu erfahren, was die Regierung ihres Landes macht und beschließt.

  • Q
    qwertz

    Karl-Henning Seemann freut sich sicher über das schöne Foto in diesem Artikel.