Verfassungsgericht kündigt Urteil an: Kommt NPD-Verbot im Januar?
Das Verbotsverfahren gegen die NPD ist umstritten. Scheitert die Politik ein zweites Mal, gibt es kein Zurück mehr: Am 17. Januar fällt das Urteil.
Für ein Verbot müsste erwiesen sein, dass die 1964 gegründete Partei mit ihren gut 5.000 Mitgliedern verfassungswidrig ist. Das hatten die Richter Anfang März in einer dreitägigen Verhandlung zu klären versucht. Die Hürden, die das Grundgesetz für ein Parteiverbot setzt, sind hoch. Das Verbreiten verfassungsfeindlicher Ideen allein reicht nicht aus. Den Verbotsantrag gestellt hatten die Länder im Bundesrat.
Bei einem Verbot müsste die NPD sich auflösen. Abgeordnete verlieren ihr Mandat. Das Parteivermögen kann eingezogen werden.
Für die Politik steht viel auf dem Spiel. Denn ein erster Anlauf für ein Verbot der NPD war 2003 gescheitert. Damals kam im Verfahren ans Licht, dass der Verfassungsschutz bis in die Parteispitze hinein Informanten hatte. Ein erneuter Misserfolg wäre mehr als blamabel. Bundestag und Bundesregierung beteiligen sich diesmal nicht.
Ist NPD noch stark genug für Angriff auf die Demokratie?
In der Geschichte der Bundesrepublik wurden erst zwei Parteien verboten – und das ist lange her: die Sozialistische Reichspartei (SRP) 1952 und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 1956. Als Kriterium definierten die Richter damals eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung. Der Zweite Senat unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle steht vor der Herausforderung, diesen Maßstab nun weiterzuentwickeln.
Rechte Idyllen in Meck-Pomm
Dabei müssen die Richter auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Blick behalten. Straßburg verlangt für ein Verbot Hinweise dafür, dass durch die Partei tatsächlich ein unmittelbar bevorstehender Angriff auf die Demokratie droht.
Kritiker des Verfahrens bezweifeln, dass die organisatorisch wie finanziell stark angeschlagene NPD diese Kriterien erfüllt. Auch von der Richterbank waren in der Verhandlung viele skeptische Nachfragen und Einwürfe gekommen.
Der Senatsvorsitzende Voßkuhle nannte das Instrument des Parteiverbots zum Auftakt ein „ebenso scharfes wie zweischneidiges Schwert, das mit Bedacht geführt werden muss“.
AfD hat NPD die Themen streitig gemacht
Mit ihren fremdenfeindlichen Parolen hatte die NPD von der Flüchtlingskrise bei weitem nicht so stark profitieren können wie die neue Konkurrenz von der AfD. Anfang September flogen die Rechtsextremen bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern aus dem letzten Landtag. Auf kommunaler Ebene hielt die Partei, die bei der Bundestagswahl 2013 auf 1,3 Prozent der Stimmen kam, laut Verfassungsschutz Ende 2015 rund 360 Mandate. Einziger NPD-Abgeordneter im Europaparlament ist Udo Voigt.
Wegen der anhaltenden öffentlichen Debatte über die Verfassungswidrigkeit der NPD hatte sich die Partei stigmatisiert gefühlt und ebenfalls das Bundesverfassungsgericht angerufen. Sie wollte sich bescheinigen lassen, dass sie verfassungsgemäß sei.
Doch die Verfassungsrichter stellten im Februar 2013 klar, dass sich Parteien einer öffentlichen Auseinandersetzung stellen müssen. Dazu gehöre auch die Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hatte erst vor wenigen Tagen diese Sichtweise gestützt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!