Verdrängungskampf der Reedereien: Dänen hängen Hamburger ab
Die Krise in der Frachtschifffahrt hält an und der Handel mit Russland geht zurück. Nur der dänische Marktführer Maersk verdient weiterhin gut.
HAMBURG taz | Wenigstens die Dänen verdienen noch am Containerschippern. Satte 2,4 Milliarden Euro weist der weltgrößte Reedereikonzern A.P. Moeller-Maersk im ersten Halbjahr 2014 als Gewinn aus. Seinen Umsatz konnte Maersk nach der in Kopenhagen vorgelegten Halbjahresbilanz um 2,3 Prozent auf rund 8,9 Milliarden Euro steigern.
Hohe Gewinne machte Maersk mit seiner Containerreederei, die 576 Schiffe unterhält. Größere Volumen bei gleichzeitiger Kostenreduktion hätten dazu beigetragen, die Frachtraten niedrig zu halten, hieß es in dem Bericht. Der Konzern geht davon aus, dass die Nachfrage nach der Containerschifffahrt in diesem Jahr um vier bis fünf Prozent wachse, die Frachtraten aber aufgrund des starken Wettbewerbs nicht erhöht werden könnten. Für das Gesamtjahr 2014 erwartet Maersk deshalb lediglich einen Gewinn von mehr als drei Milliarden Euro.
Hapag-Lloyd hat es schwer
Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd indes spart vergeblich gegen die Krise an. Der Preiskampf im Containergeschäft macht der Linienreederei schwer zu schaffen. Obwohl die Transportmenge im ersten Halbjahr 2014 um fast sechs Prozent gestiegen ist, ist der Umsatz um gut vier Prozent auf 3,2 Milliarden Euro zurückgegangen, wie das Unternehmen vorige Woche mitteilte.
Die Frachtrate für den Transport eines Containers ging im Durchschnitt von 1.522 auf 1.424 Dollar (1.063 Euro) zurück. Im Ergebnis wuchs der Verlust von 73 Millionen im ersten Halbjahr 2013 auf nun 173 Millionen Euro, von den versprochenen Renditen für die Stadt Hamburg, die sich für mehr als 1,2 Milliarden Euro an der Reederei beteiligt hat, ist derzeit keine Rede mehr.
Die Orientierungspunkte für die Frachtschifffahrt in Norddeutschland sind die großen Reedereien und die großen Häfen.
Die Top-Reedereien: Die weltgrößte war im Jahr 2013 Maersk (Dänemark) mit einer Transportkapazität von 2,584 Milliarden Containern (TEU) vor MSC (Schweiz) mit 2,358 Mrd. TEU und CMA CGM (Frankreich) mit 1,502 Mrd. TEU. Auf Platz vier folgt nach der Fusion mit der chilenischen CSAV die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd mit 998 Millionen TEU.
Die Top-Häfen: Die größten europäischen Frachthäfen 2013 waren Rotterdam (Niederlande) mit 11,6 Millionen TEU, Hamburg mit 9,3 Mio. TEU, Antwerpen (Belgien) mit 8,6 Mio. TEU und Bremerhaven mit 5,8 Mio. TEU. Zum Vergleich: Die weltgrößten Häfen Shanghai (China) und Singapur schlagen mehr als 30 Mio. TEU um, Shenzhen und Hongkong (beide China) mehr als 20 Mio. TEU.
Von der bevorstehenden Fusion mit der chilenischen Reederei CSAV, die bis Ende des Jahres unter Dach und Fach sein soll, erhofft Hapag-Lloyd sich eine Kostenersparnis von rund 200 Millionen Euro jährlich.
Hamburg Süd will wachsen
Auch die zweitgrößte deutsche Frachtreederei Hamburg Süd versucht sich durch Wachstum zu retten. Nachdem eine Fusion mit Hapag-Lloyd 2013 scheiterte, übernimmt die Oetker-Tochter, die Nummer 16 weltweit, nun die deutlich kleinere chilenische Reederei CCNI. Deren Stärken liegen vor allem im Transport zwischen Europa und Süd- und Nordamerika. Durch Synergieeffekte sollen die sinkenden Frachtraten bei gleichzeitig steigenden Treibstoffkosten aufgefangen werden.
Gewinn der HHLA sinkt
Dem Hamburger Hafen macht die Ukraine-Krise schwer zu schaffen. Am Terminal des Hafen- und Logistikkonzerns HHLA in der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer ist der Umschlag 2014 um ein Viertel zurückgegangen. Erstmals seit 2009 sind auch die Zubringerverkehre über die Ostsee nach Russland rückläufig gewesen. Unterm Strich sank der Gewinn des Konzerns um 5,5 Prozent auf 44 Millionen Euro – gerettet einzig vom wieder angewachsenen Verkehr mit Ostasien.
Maersk dominiert
Auf diesen Routen aber dominieren die drei weltgrößten Reedereien Maersk, MSC und CMA CGM mit zusammen fast 50 Prozent Marktanteil. Ihr Versuch, in einem gemeinsamen Verbund namens „P3“ ihre Liniendienste zu bündeln, verhinderten im April die Kartellbehörden Chinas, um ihre Staatsreedereien Evergreen, Cosco und China Shipping, allesamt unter den globalen Top Ten, zu schützen. Denn Maersk hatte offen verkündet, mit Dumpingpreisen Konkurrenten aus dem Asiengeschäft verdrängen zu wollen.
Nun wollen Maersk und MSC zu zweit einen neuen Kooperationsversuch starten. Für Hapag-Lloyd, Hamburg Süd, die HHLA und die großen norddeutschen Häfen Hamburg und Bremerhaven ist das alles andere als eine gute Nachricht.
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