Verdrängung in Kreuzberg: Widerständiges Gassigehen
Protest mit Gebell: Rund 30 Hunde gehen in Kreuzberg auf die Straße, um gegen die Kündigung des Tierfuttergeschäfts „Hundekuss 36“ zu demonstrieren.
Mehrere Wohnungen in dem unsanierten Haus sollen leer stehen, im Hinterhof kündige sich ein Bauvorhaben an, heißt es von der Nachbarschaftsinitiative Bizim Kiez. Für die ist der Fall der Mitte Januar erfolgten Kündigung von „Hundekuss 36“ dann auch klar: „Damit droht wieder eine Kreuzberger Institution des Kleingewerbes und der Nahversorgung der Verdrängung aus Profitinteresse zum Opfer zu fallen.“
Bizim Kiez hatte deshalb am Samstagnachmittag zu einer „widerständigen Hunderunde“ durch den Wrangelkiez und den Görlitzer Park aufgerufen. Gut 30 große und kleine, sich wahlweise beschnuppernde oder anbellende Vierbeiner folgten der Einladung zum „gemeinsamen Gassigehen für Gewerbemieterschutz“, dazu um die 70 menschliche Unterstützer:innen von „Hundekuss“-Inhaberin Carolin Conde.
„Ich bin sehr glücklich, dass so viele gekommen sind, damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt Conde unter Tränen zur taz. Der Laden, eine ehemalige Kneipe, den sie mit tausenden Euro um- und ausgebaut habe, sei nie eine Goldgrube gewesen. Aber er laufe gut dank vieler Stammkund:innen – und dank des Herzbluts, das sie in ihr Geschäft gesteckt habe. Zwölf Jahre lang. Bis Mitte Januar die Kündigung kam.
Kleine Alternative in Sicht
Wie es für Conde angesichts des allgemeinen Mietenwahnsinns weitergehen kann? Der Vermieter habe zwar signalisiert, den Mietvertrag noch einmal um zwei Monate zu verlängern, danach sei aber endgültig Schluss. Conde sagt daher auch: „Ich sehe für mich in diesem Laden keine Zukunft.“
Aktuell hofft sie, mit dem „Hundekuss 36“ in ein 36-Quadratmeter-Geschäft um die Ecke ziehen zu können. Sehr viel kleiner, aber immerhin: „Das wäre im Kiez“, sagt Conde. Und dann: „Cookie, jetzt zieh doch nicht so, Mann, ey.“ Cookie, ihr Husky-Podenco-Pointer-Mix, zehn Jahre alt, ist aufgeregt. Nicht nur er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid