Verdrängung im Schanzenviertel: Brachialer Rauswurf
Ein Polizeiaufgebot sichert in der Schanze die Schlüsselübergabe an den neuen Mieter des „Schanzenhofs“. Sie befürchten eine weitere Gentrifizierung.
Die Proteste richten sich gegen eine weitere Vermarktung des Schanzenhofes, der vor 25 Jahren ein Vorzeigeprojekt des damaligen SPD-Senats für behutsame und soziale Stadtentwicklung gewesen war. Sie lehnen den Auszug der alten Mieter, darunter auch Musiker und Kulturschaffende, ab und befürchten – durch drastische Mieterhöhungen von 40 Prozent – eine weitere Gentrifizierungswelle im hippen Viertel.
Die neuen Investoren, Maximilian und Moritz Schommartz, hatten das Areal 2013 gekauft und nach 25 Jahren Betrieb die Pachtverträge für ein Bio-Restaurant und das Gasthaus Schanzenstern nicht verlängert. Statt dessen vermieteten sie die Räume an den Hotelier Stephan Behrmann, der auf St. Pauli das Hostel Pyjama-Park betreibt.
Als zwei Rechtsanwälte der Schommartz die Polizei zur Hilfe holten, verschlossen die Protestierenden die Eingänge zum Schanzenhof. Nach einer Stunde brach die Polizei ein Hoftor auf, eine nahkampferprobte Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit stürmte Gelände und Restaurant. Im Schanzenstern nahmen die Beamten sogar von den MitarbeiterInnen die Personalien auf und erteilten Platzverweise für die gesamte Schanze.
Ein Mitarbeiter, der sechs Jahre hinter Rezeption des Schanzensterns stand, gab der Beamten seine Personalien. „Ich habe sie lieber angegeben, bevor die mich fertig machen“, sagte er der taz. Ein anderer Mitarbeiter hatte seine Personendaten zuvor verweigert – mit dem Hinweis, dass die Polizei im Schanzenstern kein Hausrecht habe. Er war daraufhin zu Boden gestoßen worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind