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Ver.di über Betriebsratswahl bei Alnatura„Die Stimmung ist besser geworden“

Das Biokaufhaus blockiert die Wahl eines Betriebsrats in Bremen. Das Unternehmen instrumentalisiere seine MitarbeiterInnen, sagt Sandra Schmidt von Ver.di.

Linsen gibt es viele bei Alnatura. Betriebsräte eher nicht Foto: dpa
Simone Schnase
Interview von Simone Schnase

taz: Frau Schmidt, das Landesarbeitsgericht hat den Wahlvorstand für die Betriebsratswahlen in einer Bremer Alnatura-Filiale eingesetzt – werden dort nun endlich Betriebsratswahlen stattfinden?

Sandra Schmidt: Ja. Allerdings hat Alnatura noch bis Weihnachten Zeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss einzulegen – und wir gehen davon aus, dass das auch geschehen wird.

Was würde dann passieren?

Dann ginge das Ganze vor das Bundesarbeitsgericht. Aber wir haben dann ja noch die Möglichkeit, um nicht noch mehr Zeit verstreichen zu lassen, zu einer neuen Wahlversammlung einzuladen und den Wahlvorstand zu wählen.

Das ging schon mal schief …

Ja, als im Oktober 2015 der Wahlvorstand gewählt werden sollte, gab es für keinen der Kandidaten die erforderliche Mehrheit. Also haben wir den Wahlvorstand vom Arbeitsgericht einsetzen lassen.

Gibt es normalerweise nicht einen zweiten Wahlgang?

In diesem Fall waren die Atmosphäre und die Stimmung so angespitzt und so aufgeladen, dass wir darauf verzichtet haben – was rechtlich übrigens auch völlig in Ordnung ist. Bei einem zweiten Wahlgang wäre die Stimmung eskaliert.

Was ist denn da passiert?

Es gab sozusagen zwei Lager, und ich habe das Lager, das gegen einen Betriebsrat war, als sehr aggressiv empfunden. Da fielen im Austausch von Argumenten Sprüche, die teilweise unter die Gürtellinie gingen. Als wir die Stimmzettel schon fertig hatten, kam auf einmal die Filialleitung und sagte, sie habe nun ebenfalls Kandidaten, die noch auf die Liste müssten. Da war dann eigentlich schon zu vermuten, dass die durch die große Anzahl von Kandidaten eine mehrheitliche Wahlentscheidung verhindern wollten, was ja auch gelungen ist.

Im Interview: Sandra Schmidt

46, ist gelernte Kauffrau im Einzelhandel, war Betriebsratsvorsitzende, stellvertretende GBR- und KBR- Vorsitzende und ist seit 2010 Gewerkschafts­sekretärin bei Verdi, seit 2012 für den Landesbezirk Niedersachsen-Bremen.

Alnatura sagt, die gerichtliche Einsetzung des Wahlvorstands sei undemokratisch.

Das sieht das Betriebsverfassungsgesetz anders und sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbeitsgericht ja auch.

Befürchten Sie für den Fall einer erneuten Wahl ähnliche Schwierigkeiten wie beim ersten Mal?

Nein, denn inzwischen ist die Stimmung in der Filiale besser geworden. Die alte Filialleitung, die ja sehr gegen einen Betriebsrat war, ist nicht mehr da. Und mittlerweile haben sich auch Mitarbeiter, die letztes Jahr gegen einen Betriebsrat waren, bei mir gemeldet und mir mitgeteilt, dass sie ihre Meinung geändert haben.

Alnatura behauptet, der größte Teil der MitarbeiterInnen wolle gar keinen Betriebsrat …

Wenn dem so wäre, frage ich mich, warum Alnatura sich dann nicht einfach herausgehalten hat? Nein, Alnatura hat Mitarbeiter instrumentalisiert, denn der Arbeitgeber selbst kann ja gar nicht sagen, dass er gegen einen Betriebsrat ist. Er weiß, dass das ein Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz wäre – das wäre ja eine Steilvorlage für uns. Schließlich gab es eine nicht eben kleine Zahl von Kollegen, die einen Betriebsrat wollten.

Was ist mit der Unterschriftenliste von Mitarbeitern, die gegen einen Betriebsrat sind?

Die Mitarbeiter unterschreiben alles, damit sie auf der Arbeit ihre Ruhe haben. Wir haben ja interessanterweise für den Wahlvorstand auch immer wieder Ersatz bekommen für diejenigen, die im Laufe des Jahres aus dem Betrieb ausgeschieden sind. Abgesehen davon ist das aber auch irrelevant, denn das Betriebsverfassungsgesetz gibt nur ein Kriterium vor, wann ein Betriebsrat zu wählen ist: in einem Betrieb mit mehr als fünf Beschäftigten. Punkt. Wenn in einem Unternehmen mit 2.000 Beschäftigten nur drei Leute einen Betriebsrat wollen, dann reicht das.

Nur in Freiburg gibt es bisher einen Alnatura-Betriebsrat. Streben Sie für die Zukunft einen Gesamtbetriebsrat an?

Ein GbR ist gut für die Vernetzung und für den Zusammenhalt. Es gibt auch ein paar originäre Aufgaben, für die er zuständig ist. Aber darüber sollten sich die Mitarbeiter in anderen Filialen im Klaren sein: Ein Gesamtbetriebsrat ist nicht zuständig für die Belange in den einzelnen Filialen. Dafür brauchen sie selbst einen Betriebsrat. In Bremen gibt es noch eine Alnatura-Filiale. Vielleicht ist es erst wichtiger, dort hinzuschauen und Schritt für Schritt Koalitionen herzustellen. In welcher Form auch immer.

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2 Kommentare

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  • Diese Aussage, dass die meisten oder die vielen Mitarbeiterinnen keinen Betriebsrat wollen, lässt mich nicht in Ruhe. Wenn die Mehrheit keinen Betriebsrat will, zeigt es sich am Wahltag ganz deutlich, indem man keine oder sehr wenigen ausgefüllten Bulletins in der Wahlurne findet. Stimmt also die Aussage, sollte die Geschäftsführung sich keine Sorgen machen. Hier ist es anscheinend nicht der Fall! Wie der Betriebsrat Blog berichtet - http://blog.betriebsrat.de/betriebsrat/bio-supermarkt-alnatura-wehrt-sich-weiter-vehement-gegen-einen-betriebsrat/ - fanden in manchen Filialen sogar Stellenkürzungen statt. Ich denke, wenn solche Methoden im Betrieb herrschen, sollte sich Verdi und die initiative Belegschaft unbedingt durchsetzen.

  • Nein, Verdi übt sich im Nichtkampfprinzip.