Verbreitung durch lokale Ansteckungen: Coronawelle bedroht Südseeinseln

Die Salomonen erleben plötzlich ihren ersten massiven Covid-19-Ausbruch und drohen jetzt die Kontrolle über das Pandemiegeschehen zu verlieren.

Zwei Männer posieren mit Gesischtsmasken vor verpackten Coronamitteln

Der chinesische Botschafter übergibt eine Hilfslieferung gegen Corona für die Solomoninseln Foto: Xinhua/imago

BERLIN taz | Mehrere Inselstaaten im Südpazifik sind derzeit mit einer unerwarteten Coronawelle konfrontiert. Bisher hatten die Abgeschiedenheit der Inseln, Reisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen die Infektionszahlen sehr niedrig gehalten. Aber seit Januar kommt es in Kiribati, Samoa, Palau und auf den Salomonen zu massiven Ausbrüchen. Diese sind lokale Übertragungen und nicht mehr, wie die wenigen Fälle bisher, auf Reisende zurückzuführen.

Das Epizentrum sind die Salomonen. In dem melanesischen Inselstaat mit rund 700.000 Einwohnern hatte es bis Ende 2021 insgesamt nur 31 Infektionsfälle und überhaupt keine Coronatoten gegeben. Noch im Dezember gab es dort keinen akuten Fall.

Doch seit dem 19. Januar ist die Infektionskurve nahezu senkrecht hochgeschnellt. Bis Dienstag wurden 5.891 Infektionen und 83 Tote gezählt.

Dabei handelt es sich laut Regierung meist um die Delta-Variante des Virus. Diese ist weniger ansteckend als die inzwischen in Europa domininante Omikron-Variante, aber sorgt in der Regel für schwerere Verläufe und höhere Opferzahlen.

„Ausbreitung schneller als der Wind“

75 Prozent der registrierten Infektionen betreffen die Hauptstadt Honiara. Dort leben nur zwölf Prozent der Bevölkerung, doch gibt es dort auch viel mehr Testmöglichkeiten.

„Covid-19 verbreitet sich schneller als der Wind von unseren Städten in die Dörfer und in die entferntesten Gemeinden. Die Test- und Gesundheitseinrichtungen sind überfordert“, warnte der Generalsekretär des lokalen Roten Kreuzes, Clement Manuri, letzte Woche. Laut Regierung habe jede zweite Person Covidsymptome.

Im größten Krankenhaus des Landes würden Leichen zwischen Patienten liegen. Das Hospital sei mit dem Ansturm von Patienten überfordert, die Leichenkammer überfüllt, berichtete der britische Guardian unter Berufung auf einen ungenannten Arzt zu Wochenbeginn. Weil es wegen hoher Infektionszahlen des Personals an Pflegern mangele, würden auch Infizierte zur Arbeit gerufen und Auszubildende mit Tätigkeiten betreut, die sie nicht beherrschten.

Testkapazitäten reichen nicht

Gesundheitsminister Culwick Togamana wies die Schilderungen im Guardian zurück. Doch gab er zu, dass die Testkapazitäten mit der Infektionsgeschwindigkeit nicht mithalten könnten und die wirklichen Fallzahlen wohl höher seien als die offiziellen.

Zugleich forderte Togamana, dass sich wegen der Überlastung des Gesundheitssystems Infizierte mit milderen Symptomen zu Hause isolieren und nur schwere Fälle medizinischen Rat einholen sollten.

Erst 11 Prozent der Bevölkerung waren letzte Woche vollständig geimpft, weitere 16 Prozent hatten eine erste Impfung. Die Regierung will die Impfquote erhöhen, doch lebt das Gros der Bevölkerung auf vielen kleinen Inseln, wo es kaum medizinische Einrichtungen gibt.

Der Rote-Kreuz-Chef Manuri beklagt eine hohe Impfzögerlichkeit, die auf Aberglauben und Falschinformationen beruhe.

Im November hatte es auf den Salomonen antichinesische Unruhen gegeben. Sie hingen damit zusammen, dass sich die Regierung im Jahr 2019 von Taiwan diplomatisch ab- und der Volksrepublik China zugewandt hatte. Damit waren viele nicht einverstanden. Premierminister Manasseh Sogavare, die treibende Kraft des Peking-freundlichen Kurses, überstand aber im Dezember ein Misstrauensvotum.

Coronadiplomatie

Jetzt sind Australien, das im November die Unruhen per Militärintervention beendete, sowie China die Hauptgeber von Coronahilfen für den Inselstaat. So gab Peking auch 20.000 Testkits an die Polizei. Die soll chinesische Läden schützen.

Doch geht es auch um strategischen Einfluss im Südpazifik. So haben auch die USA zu Monatsbeginn verkündet, in Honiara wieder eine Botschaft zu eröffnen. Die war 1993 geschlossen worden. Auch hat Washington zwei neue Entwicklungsprojekte geplant.

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