Verbot soll umgangen werden: Privates Gedenken für Rudolf Heß
Nazianwalt Jürgen Rieger plant eine eigene Gedenkfeier für den Hitler-Stellvertreter.
HAMBURG taz Der Gedenkmarsch für Rudolf Heß ist in Warmensteinach ausdrücklich verboten. Am Samstag soll dennoch eine Veranstaltung zu Ehren des Adolf-Hitler-Stellvertreters in der kleinen oberfränkischen Gemeinde stattfinden. Ganz privat will NPD-Bundesvize Jürgen Rieger im Traditionsgasthof Puchtler die Veranstaltung ausrichten. Und nicht nur das scheint sicher zu sein. "Die Hinweise auf einen möglichen Kauf des Traditionsgasthofs durch Herrn Rieger haben sich ebenso erhärtet", sagt Andrea Weustink, Sprecherin der Bezirksregierung Oberfranken.
Warmensteinach liegt knapp dreißig Kilometer von Wunsiedel entfernt. Dort, wo nach dem Tod von Heß 1987 im Berliner Gefängnis Kameraden von NPD und Freien Kameradschaften gern aufmarschieren wollen. Proteste und Rechtsstreitigkeiten unterbanden in den vergangenen Jahren die von Rieger angemeldeten Märsche. Schon vor einem Jahr kam das Gerücht auf, Rieger wolle nahe dem Grab des von ihnen verehrten NS-Kriegsverbrechers ein "Rudolf-Heß-Gedächtnis- und Dokumentationszentrum" eröffnen.
Die Stadt Wunsiedel konnte sich jedoch das Vorverkaufsrecht für die Immobilie sichern. In der 2.400-Seelen-Gemeinde wird nun von der Gemeindeverwaltung - zusammen mit der Bezirksregierung und Sicherheitsbehörden - nach rechtlichen Maßnahmen gegen ein Neonazizentrum gesucht. Der Spielraum ist eng, denn der Gasthof ist Privatbesitz. Die Gemeinde denkt erneut darüber nach, den Gasthof selbst zu kaufen. Rieger soll für das Objekt 1,8 Millionen geboten haben. Ein Trick, um den Preis gemeinsam mit den Besitzern in die Höhe zu treiben? Diese Gefahr kann keiner der Verantwortlichen ausschließen. Der bayerische Verfassungsschutz vermutet aber, dass es "vonseiten der NPD ein großes Interesse gibt, ein Objekt nahe Wunsiedel zu erwerben".
Vier Schwestern betreiben den Gasthof. Einer der Söhne soll den Kontakt zu Rieger gesucht haben, erklärt das Bayerische Bündnis für Toleranz.
Gegen mögliche Aktionen der NPD hat das Landratsamt vorbeugend eine Verbotsverfügung erlassen. Nur bisher ist nichts angemeldet. Wird doch auch für eine nichtöffentliche "Privatveranstaltung" mobilisiert - die muss nicht angemeldet werden. Offizieller Einlader soll laut dem rechtsextremen Internetportal Altermedia der Verein Wahrheit für Deutschland sein. Läuft alles wie geplant, dann werden sich auf dem "privatem Gelände" "Redebeiträge", "Totengedenken für die Märtyrer unseres Volkes" und "angemessene musikalische Unterhaltung" abwechseln.
Felix Herzog, Professor für Strafrecht in Bremen, vertrat im Juli gegenüber der taz die Meinung, bei geschlossenen Veranstaltungen gelte das Strafgesetzbuch. Oberfrankens Regierungspräsident Wilhelm Wenning versucht, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen. Die rechte Szene rät vorsorglich zu weiteren spontanen Gedenkaktionen.
Eine Veranstaltung ist bisher tatsächlich angemeldet. Ihr Motto: "Warmensteinbach ist bunt, nicht braun".
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