Veolia-Rückkauf wird teuer: Der Pegel steigt
Interne Senatspapiere belegen: Der Rückkauf der Veolia-Anteile an den Wasserbetrieben kann teuer werden. Preissenkung wäre vom Tisch.
Läuft es nach dem Senat, soll es schnell gehen. Noch in diesem Jahr will er die Veolia-Anteile an den Berliner Wasserbetrieben zurückkaufen. Damit wäre das Wasser wieder komplett in Landeshand. Senatsinterne Papiere, die der taz vorliegen (PDF), zeigen aber: Das könnte teuer werden.
Bereits im letzten Jahr hatte Berlin den Anteil des Energiekonzerns RWE an den Wasserbetrieben für 618 Millionen Euro zurückgekauft – und damit seine eigene Politik korrigiert. 1999 hatte das Land die Betriebe noch zu je einem Viertel an Veolia und RWE privatisiert. Im April erklärte sich nun auch Veolia zum Rückverkauf ihres Anteils bereit. Seitdem wird verhandelt.
Wie aus den internen Senatspapieren hervorgeht, will Veolia „eine Anlehnung an den Vertragsabschluss mit RWE“, sprich: einen Preis in vergleichbarer Höhe. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) geht intern aber von weit höheren Summen aus. So ist etwa die Rede von „150 Millionen Euro möglichen Nettozahlungen“, die wegen eines laufenden Schiedsverfahrens zusätzlich an Veolia gezahlt werden müssten. Auch mit RWE lief das Schiedsverfahren, dort flossen am Ende aber nur 60 Millionen Euro in den Rückkaufpreis ein. Veolia, so heißt es in den Senatsunterlagen, habe vor dem Schiedsgericht aber „eine zu ihren Gunsten deutlich positivere Einschätzung“ als RWE. In dem Verfahren geht es um einbehaltene Rücklagen der Wasserbetriebe, welche die Privaten einfordern.
Noch mehr Kosten
Und der Senat rechnet mit weiteren Kosten: Auch von Veolia „verauslagte Steuervorauszahlungen“ müssten wohl draufgezahlt werden. Komme der Rückkauf zudem nicht mehr in diesem Jahr zustande, stünden dem Energiekonzern auch noch die vollen Gewinne der Wasserbetriebe für 2013 zu.
Den Kauf will Nußbaum über Kredite finanzieren, die über die künftigen Gewinne der Wasserbetriebe abbezahlt würden. Der Senator rechnet hier mit einer Spanne von 30 Jahren: Mit sinkenden Wasserpreisen ist somit nicht zu rechnen – ebendas hatte aber der 2011 erfolgreiche Volksentscheid des Wassertischs gefordert. Einzig die Order des Bundeskartellamts vom letzten Jahr, die seit Jahren überteuerten Wasserpreise um ein Sechstel zu senken, wird berücksichtigt. Weitere Preissenkungen, heißt es in den Senatspapieren, seien mit dem Erwerb nicht verbunden. Sie „würden zu Lasten der ohnehin sehr angespannten Haushaltslage gehen“.
Die Unterlagen sind auch heikel, weil der Koalitionspartner CDU klargemacht hat, dass er der Rekommunalisierung nicht um jeden Preis zustimmen wird. „Wir erwarten einen Kaufpreis deutlich unter dem RWE-Anteil“, stellte CDU-Geschäftsführer Heiko Melzer gegenüber der taz klar. Gleichzeitig bedürfe es „einer Entlastung, die im Portemonnaie der Verbraucher ankommt“. Nußbaum sei hier „in der Bringschuld“, so Melzer. Die CDU hat ein Druckmittel: Sowohl eine Bürgschaft zur Absicherung der Kredite als auch der Rückkauf an sich müssen noch im Abgeordnetenhaus abgestimmt werden.
Weder Veolia noch Nußbaum wollten sich zu den Verhandlungen und möglichen Kaufpreisen äußern. Eine Sprecherin des Senators räumte aber ein, dass die Zahlung des Schiedsverfahrens „zusätzlich zum Kaufpreis anfallen könnte“.
Die Opposition warnt bereits vor einem überteuerten Rückkauf des Veolia-Anteils. „Bei den gehandelten Summen schwinden mir die Sinne“, kritisiert die Grüne Heidi Kosche. „Es sind die Wasserkunden, welche die fälligen Kredite 30 Jahre lang abbezahlen müssten.“ Die nötige „deutliche“ Preissenkung bleibe dagegen aus. „Das wäre Verrat am Bürgerwillen.“
Auch Ulrike von Wiesenau vom Wassertisch befürchtet eine „dramatisch in die Höhe getriebene Verkaufssumme“. Dagegen müsse „massiv interveniert werden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht