Venezuelas Oppositionsführer: Guaidó verliert Immunität
Die parlamentarische Immunität des venezolanischen Oppositionsführers Juan Guaidó wurde aufgehoben. Der selbsternannte Interimspräsident gibt sich kämpferisch.
Gegen den Rivalen von Staatschef Nicolás Maduro laufen Ermittlungen wegen des Vorwurfs, die Amtsbefugnisse des Präsidenten widerrechtlich an sich gerissen zu haben. Die Justiz wirft dem 35-Jährigen, der sich am 23. Januar selbst zum Übergangspräsidenten erklärte hatte, zudem vor, im Februar trotz einer Ausreisesperre das Land verlassen und eine Reihe südamerikanischer Länder besucht zu haben. „Manchmal kommt das Gesetz spät“, sagte Versammlungspräsident Cabello. „Aber in diesem Fall wird es kommen.“
Bislang wurde Guaidó von seiner parlamentarischen Immunität geschützt: Er ist Abgeordneter und Präsident des von der Opposition dominierten Parlaments, der Nationalversammlung. Diese ist aber von Maduro entmachtet worden. Die Aufgaben des Parlaments hat de facto die fest hinter Maduro stehende verfassungsgebende Versammlung übernommen, die erstmals im Jahr 2017 zusammenkam. Auch der Oberste Gerichtshof gilt als regierungstreu.
Guaidó hatte sich am Dienstag besorgt gezeigt, dass er bei einer Aufhebung seiner Immunität festgenommen werden könnte. Nach der Entscheidung der verfassungsgebenden Versammlung zeigte er sich aber unerschrocken: „Ich will sehen, wer bei den Streitkräften und Sicherheitskräften den Präsidenten der Republik entführen will.“ Guaidó betonte zudem, er erkenne die verfassungsgebende Versammlung nicht an – und damit auch nicht ihre Entscheidung zu seiner parlamentarischen Immunität.
Neue Proteste am Samstag
Die Regierung Maduros gewinne nur „ein bisschen Zeit, sagte der Oppositionsführer. Im Prozess des Machtwechsels aber gebe es kein zurück. Für Samstag hat Guaidó zu neuen Protesten aufgerufen.
Die US-Regierung hat Maduro wiederholt davor gewarnt, Guaidó festzunehmen oder gewaltsam gegen ihn vorzugehen. Die USA haben den 35-Jährigen als Übergangspräsidenten anerkannt, ebenso wie rund 50 weitere Staaten, unter ihnen Deutschland. Maduro weiß dagegen unter anderem Russland, China und Kuba hinter sich – und das venezolanische Militär, einen äußerst wichtigen Machtfaktor in dem südamerikanischen Krisenstaat.
Der Machtkampf zwischen Maduro und der Opposition lähmt das Land schon seit Monaten. Venezuela leidet zudem unter einer beispiellosen Wirtschaftskrise mit dramatischen Versorgungsengpässen. In den vergangenen Wochen kam es wiederholt zu massiven Stromausfällen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen