Vattenfall: Geschasster Polterer

Bruno Thomauske musste am Montag seinen Posten als Atom-Chef von Vattenfall räumen. Er fiel über seine eigene Selbstüberschätzung und Ignoranz.

Galt als Genehmigungsexperte: Physiker und Ex-Strahlenschutzamt-Mitarbeiter Thomauske. Bild: reuters

Und dann rastete Bruno Thomauske aus. Der Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH pöbelte letzten Freitag am Rande der Schleswig-Holsteiner Landtagsdebatte: "Nur wegen der taz ist die Staatsanwaltschaft in Krümmel eingerückt."

Typisch Thomauske: Schuld sind immer die anderen. Tatsächlich waren bei der taz hamburg Hinweise eingegangen, dass es bei dem Brand im AKW Krümmel Verletzte gegeben hatte. Und das wollte die Staatsanwaltschaft in Thomauskes Kraftwerk prüfen. Der leitende Staatsanwalt sagt: "Die Firmenleitung war aber nicht kooperativ. Deshalb mussten wir handeln."

Gestern nun handelte die Konzernspitze von Vattenfall: Sie schmiss Thomauske raus. Leicht gefallen wird ihr das nicht sein. Denn als sie Thomauske Anfang des Jahrtausends an Bord geholt hatte, war ihr ein echter Coup gelungen. Bis 1999 war der promovierte Physiker nämlich beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Abteilungsleiter - und dort auch zuständig gewesen für die Erarbeitung von Genehmigungsunterlagen für die Vattenfallreaktoren. Nach über zehnjähriger BfS-Praxis galt Thomauske als einer der ausgebufftesten deutschen Genehmigungsprofis. "Damit hat sich die Industrie mal eben das gesamte Insiderwissen des Amts eingekauft", klagte einer seiner Exkollegen vom BfS. In schwebenden Verfahren gegen Vattenfall - egal ob beim Pannenreaktor Brunsbüttel oder beim kollabierten AKW Krümmel - war ausgerechnet Thomauske immer oberster Ansprechpartner der Atomaufsicht. "Wer so lange wie er in einer Genehmigungsbehörde gearbeitet hat, verfügt über derart intime Kenntnisse des Procederes, dass er nicht derjenige sein darf, der um Genehmigung nachsucht", moniert Sylvia Kotting-Uhl, umweltpolitische Sprecherin der Grünen.

Aber das hat sich ja nun erledigt. Von Thomauskes Zeit wird ein Lehrstück über Selbstüberschätzung und Ignoranz übrig bleiben. Vor Wochenfrist hatte der 58-Jährige beispielsweise zum Pressetermin geladen. Nicht nach Krümmel. Sondern nach Salzgitter. Die Kollegen staunten nicht schlecht: Mit keinem Wort ging der Krümmelmanager auf die Pannen ein. Stattdessen zettelte er eine Generalabrechnung mit dem BfS an. Und während Thomauske so im fernen Salzgitter im Auftrag des Deutschen Atomforums gezielte Nadelstiche setzte, versuchte die Staatsanwaltschaft in Krümmel vergeblich die Vorwürfe zu klären.

Zwei Tage später hatten die Ermittler die Faxen dicke. Sie schickten Thomauske die Polizei ins Haus. Gestern hieß es bei der Lübecker Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen dauerten noch an.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.