piwik no script img

Vattenfall räumt Versäumnisse einKrümmel-Panne - die nächste

Der defekte und störanfällige Atommeiler soll nun neue Trafos erhalten. Das bedeutet Stillstand bis Sommer 2010. Der Werksleiter wurde mittlerweile entlassen.

Ruhe bis mindestens April 2010: die Reparatur des AKW Krümmels wird dauern. Bild: dpa

HAMBURG taz | Mindestens ein Jahr lang wird das Atomkraftwerk Krümmel stillstehen. Der Reaktor solle neue Transformatoren erhalten, kündigte Betreiber Vattenfall am Dienstag an. Diese seien "frühestens im April oder Mai nächsten Jahres lieferbar", erklärte Unternehmenssprecherin Barbara Meyer-Bukow auf Anfrage der taz. Hinzu kommen der Einbau und die Endabnahme, bevor das Atomkraftwerk an der Elbe östlich von Hamburg wieder in Betrieb gehen könne.

"Wir gehen konsequent der Weg der höchsten Sicherheit", begründet Vattenfall-Chef Tuomo Hataka den Entschluss, neue Trafos zu kaufen, statt die alten zu reparieren. Im Laden gibt es diese Spezialanfertigungen jedoch nicht: Sie sind so groß wie ein Lastwagen, wiegen etwa 450 Tonnen und kosten etwa 10 Millionen Euro und werden nur auf Kundenwunsch hergestellt. Die Transformatoren stehen in eigenen Hallen außerhalb des Reaktorgebäudes und wandeln den erzeugten Strom zur Einspeisung in das Leitungsnetz um.

Damit entspreche Vattenfall "meiner Forderung ,erneuern statt reparieren'", sagt Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), die auch für die Atomaufsicht im nördlichsten Bundesland zuständig ist.

Allerdings sei damit "die grundsätzliche Debatte über eine Stilllegung von Krümmel noch nicht beendet". Die Atomaufsichtsbehörde will die jüngste Panne im Kraftwerk Krümmel zudem in die laufende Zuverlässigkeitsprüfung des Betreibers Vattenfall einfließen lassen.

Der Kraftwerksleiter Hans-Dieter Lucht wurde unterdessen "von seinen Aufgaben entbunden", teilte Vattenfall mit. Er habe die Verantwortung dafür übernommen, dass eine Überwachungseinrichtung am Transformator entgegen den Auflagen der Atomaufsicht nicht installiert worden war. "Das ist ein Versäumnis gewesen", räumte Meyer-Bukow ein.

Der größte Siedewasserreaktor der Welt ist nach einem Kurzschluss in einem Transformator abgeschaltet. Das Kraftwerk schrammte wohl nur knapp an einem Brand wie am 28. Juni 2007 vorbei. Damals war der zweite Transformator durch einen Reservetrafo ersetzt worden, der beim Atomkraftwerk Brunsbüttel vorrätig war. Krümmel war nach fast zweijährigen Reparaturarbeiten erst am 19. Juni in Betrieb genommen worden - für ganze 15 Tage.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • GP
    G.H. Pohl

    Atomkraft hat keine Existenzberechtigung, ob Krümel oder anderswo…

    Frau Dr. Merkel hat doppelte Verantwortung: 1. als Bundeskanzlerin, 2. als promovierte Physikerin. Sie ist demnach keine „beliebige“ Kanzlerin, sie kann die Chancen und Risiken auch von Atomanlagen besser einschätzen als schätzungsweise 95% aller übrigen (nicht nur) Politiker und Wirtschaftler.

    Mechaniker wissen, daß Technik auf unterschiedlichste Weise versagen kann, sei es durch konzeptionelle- oder Materialfehler, durch Betriebsbedingungen, menschliches Versagen oder Attentate uvm.

    Dieses Wissen sollte Frau Dr. Merkel ebensowenig fremd sein, wie der Unterschied von Versagensfolgen beliebiger Technik zu dem was uns erwartet, wenn Atomtechnik versagt.

    Tschernobyl schon vergessen?

    Es ist verdummendes Schlagetot-Gewäsch, daß sowjetische Technik schlechter als westliche (gewesen) sei, das sind allenfalls mehr oder weniger graduelle Unterschiede.

    Saubere Atomenergie?

    Ein sehr schlechtes Märchen oder schlicht: gelogen. Niemand kann (will) wirklich nachweisen, welche Wirkung auch Strahlung hat, die deutlich unter den Grenzwerten liegt (z.B. Krebsfälle bei Atomkraftwerken). Verstrahlung sieht man nicht, schmeckt man nicht, spürt man nicht, bzw. Letzteres erst dann wenn es zu spät ist.

    Die Entsorgung:

    es gibt bis heute keine sichere Entsorgung atomarer Abfälle, das Erbe, die „strahlende Zukunft“ dieser Abfälle wird folgende Generationen zu besonderem Dank veranlassen.

    Billige Atomenergie?

    Hat jemand nachgerechnet, was diese an Forschung und Entwicklung und damit an wissenschaftlich-technischen Ressourcen und auch an Geld gekostet hat? Wer hat nachgeschaut, wer den wirtschaftlichen Nutzen hat?

    Wären nur 10% der Ressourcen in nachhaltige Energiegewinnung geflossen, dann – so bin ich mir sicher – wäre das Thema Atomenergie längst keines mehr.

    Liebe Frau Dr. Merkel, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr!

  • P
    Pawlow

    Das ist ja süß, das Vattenfall Versäumnisse einräumt. Anscheinend sitzen lauter Homer Simpsons in der Führungsetage. Von "jemandem", der sein Kernkraftwerk mit KKK abkürzt, sollte man aber auch nicht zuviel verlangen. Dou.

  • J
    Johannes

    Wie viele Supergaus braucht man bis auch der letzte begreift, dass eine Technologie, die unentsorgbaren, strahlenden, gefährlichen Müll erzeugt keine Lösung sondern ein Problem ist?

  • J
    Jens

    Ich frage mich, warum man wegen solch einer sache seinen Hut nehmen muss....vergleicht man das mit der Finanzkrise ist der Rücktritt nicht vertretbar!

  • G
    GonZoo

    VattenSTÖRfall hat es mal wieder geschafft, und krönt die eigene Inkompetenz noch mit einem Bauernopfer. Merke: der Fisch stinkt vom Kopf her. In diesem Fall aber von überall her.

  • A
    Axel

    Aber:

    "Die Panne im Atomkraftwerk Krümmel ist für CDU- Vizechefin Annette Schavan ein Einzelfall. Die Forschungsministerin sieht keine akuten Sicherheitsgefahren in den deutschen Atommeilern und dringt weiter auf längere Laufzeiten, bis Öko-Energien genug ausgebaut sind."

    aus: sueddeutsche.de vom 07.07.2009

    Dann ist doch definitiv alles sicher, wie uns die Forschungsministerin und CDU-Vizechefin erzählt - die muß es doch wissen!

    Das bei dieser CDU-Atomlobhudelei die bis zu 200 Mrd. Euro Profit bei Laufzeitverlängerung abgeschriebener Atomkraftwerke eine Rolle gespielt haben ist anzunehmen

  • N
    nicknick

    Wie kann eigentlich die Genehmigung zum Wiederanfahren des Raktors erteilt werden, wenn eine "behördlich vorgeschriebene Überwachungseinrichtung am betroffenen Maschinentransformator nicht installiert war"?

    Wer in der Atomaufsicht hat da versagt? Wann übernimmt Trauernicht die Verantwortung für das Versagen der ihr unterstellten Atomaufsicht?

  • B
    BOSwell

    ABSCHALTEN ! Am 5. 9. die Demo dazu in Berlin nicht vergessen , evtl. auch durch dezentrale Kundgebungen an anderen Orten unterstützen! Lokale Presse dort dann auch (einige Tage vorher) informieren u.s.w.

     

    Dafür protestieren, dass alle europäischen Länder an Ostsee, Nordsee, Atlantik, Mittelmeer und Schwarzem Meer (von der Küste aus nicht sichtbare) Wellen-Windkraft-Anlagen installieren, die näml. viel mehr Windausbeute haben, als die allermeisten an Land.

     

    Sowas gibt's doch gar nicht?? Irrtum!! Vgl:

     

    www.nordicenergysolutions.org/inspirational/hywind

    Demonstrating offshore wind power in deep sea ...

    Jorunn Gran June 24, 2009 .

    www.orato.com/health-science/hywind-floating-wind-turbine-structure

    Hywind Floating Wind Turbine Structure ...

    Mark Resnicoff June 15, 2009 .

    http://greeninc.blogs.nytimes.com/2009/06/11/wind-farming-in-deep-waters/

    Wind Farming in Deep Waters ... James Kanter

    June 11, 2009 .

    http://offshorewind.net/Other_Pages/Turbine-Foundations.html

    Offshore Wind Turbine Foundations- Current & Future Prototypes ...

    June 14, 2009 .

    www.windenergyplanning.com/norfolk-green-party-fight-for-offshore-wind-farm/

    Norfolk Green Party Fight For Offshore Wind Farm

    May 2, 2009

     

    Also gegen AKW.s und für Offshore Windkraft!

    (natürlich auch für Solarenergie u. Geothermie, wo es Sinn macht).