Varoufakis’ paneuropäische Bewegung: Die Bündelung demokratischer Kräfte

Yanis Varoufakis will eine Bewegung formen, um den „Zerfall Europas“ zu stoppen. Nationalismus sei keine Lösung.

Yanis Varoufakis sitzt an einem Tisch vor einem Mikrofon, erleuchtet von Spots, sonst ist es dunkel

Eine Lichtgestalt in düsteren Zeiten? So sieht es Herr Varoufakis wohl gern. Foto: dpa

Berlin taz | Es ist ein ehrgeiziges Projekt. Nicht weniger als die Rettung Europas hat sich Yanis Varoufakis zur Aufgabe gesetzt. Am Dienstagvormittag stellte der ehemalige griechische Finanzminister in der Berliner Volksbühne seine neue paneuropäische Bewegung vor. „Der rasche Zerfall Europas muss gestoppt werden“, sagte er.

„Democracy in Europe Movement 2025“, kurz DiEM25, heißt das grenzüberschreitende Netzwerk, das sich Varoufakis und seine Mitstreiter erdacht haben. Es soll „grenzüberschreitend überall in Europa starten“ und allen demokratischen Kräften offen stehen: Linken und Sozialisten ebenso wie Liberalen, Grünen und Radikaldemokraten.

Gemeinsame Grundlage soll ein Manifest sein, das Varoufakis mit zahlreichen intellektuellen Freunden erarbeitet hat. „Die EU wird demokratisiert werden – oder sie wird zerfallen!“, ist es überschrieben. Darin wird die Vision eines demokratischen, sozialen, egalitären, transparenten, ökologischen, friedlichen, pluralistischen und vereinigten Europas entworfen – eine große Vision. Varoufakis sprach von einem „utopischen Projekt“, das vielleicht scheitern werde. „Aber was ist die Alternative“, fragte er – und warnte eindringlich vor einer „Nationalisierung der Hoffnung“.

Der linke Ökonom entwarf ein dunkles Bild vom Zustand Europas. „Die Europäische Union erlebt eine Desintegration, und sie erlebt sie ziemlich schnell“, sagte Varoufakis. Es sei eine falsche und fatale Antwort auf die Euro- und die Flüchtlingskrise, „zum Nationalstaat zurückzukehren, Mauern zu bauen und den Kopf in den Sand zu stecken“. Es drohe eine Situation wie in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Mehr Legitimation ist gefragt

Dem „Phänomen der Renationalisierung“ müsse die „Suche nach einer Demokratisierung der EU-Institutionen“ entgegengesetzt werden, um „der politischen Macht wieder Legitimation zu verschaffen“, sagte der 54-jährige Wissenschaftler. Notwendig sei eine „Repolitisierung der Entscheidungen in Europa“. Ziel ist ein verfassungsgebender Prozess von unten.

Offiziell aus der Taufe gehoben werden soll die neue Bewegung auf einer Großveranstaltung am Dienstagabend in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. „Wir starten heute Abend“, sagte Varoufakis. Die 12 Euro teuren Eintrittskarten für das Event sind seit gut einem Monat ausverkauft, aber es gibt eine Übertragung per Livestream im Internet.

Der Start am Morgen verlief etwas holprig. Offenbar hatten die Organisatoren nicht mit dem sehr großen Presseandrang von Medienvertretern aus ganz Europa gerechnet. Noch als die Pressekonferenz im Roten Salon der Volksbühne längst angefangen hatte, warteten am Nebeneingang etliche Journalisten auf Einlass.

Sympathisanten und nicht angemeldete Medienvertreter wurden zunächst abgewiesen, was für Unmut sorgte. „Demokratie?“, schrieb ein Abgewiesener verärgert auf das gelbe Schild mit der Aufschrift „Pressekonferenz“. Dass es letztlich trotzdem noch etliche Anhänger in den überfüllten Raum schafften, zeigte sich, als Varoufakis seine Pressekonferenz beendete: Sie applaudierten.

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