VG Wort friert Tantiemen ein: Trübe Aussichten
Die VG Wort zahlt jährlich sowohl Autoren als auch Verlagen Tantiemen. Dieses Jahr aber vorerst nicht, denn die Ausschüttungspraxis wird überprüft.
Um sich auf den Sommer zu freuen, gibt es allerlei gute Gründe. Journalisten und andere Autoren haben allerdings einen besonders guten: Im Juni oder Juli schüttet die in München ansässige Verwertungsgesellschaft (VG) Wort jeweils ihre jährliche Tantiemen aus. Die VG Wort vergütet die Nutzungsformen, die nicht durch Honorarzahlungen abgedeckt sind: analoge und digitale Kopien und die Nutzung von Texten in Bibliotheken beispielsweise. Nicht nur die Urheber bekommen Geld, sondern – quasi in ihrer Funktion als Ermöglicher und Verbreiter von Werken – auch die Verlage.
Für diesen Sommer sind die Aussichten allerdings trübe, denn derzeit ist nicht absehbar, wann die Gelder fließen - nicht etwa, weil keines da ist; laut dem Branchendienst Buchreport liegen derzeit 120 Millionen Euro bereit. Vielmehr lässt die VG Wort gerade ihre Ausschüttungspraxis von der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde, dem ebenfalls in München residierenden Deutschen Patent- und Markenamt, überprüfen. Die entsprechenden Beschlüsse fielen auf den Gremiensitzungen der VG Wort am vergangenen Wochenende in Berlin.
Die Verwertungsgesellschaft reagiert damit auf eine Niederlage, die sie kürzlich vor dem Landgericht München hinnehmen musste. Der Patentrichter Martin Vogel, der auch wissenschaftlicher Autor ist und in dieser Funktion 1984 einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen hat, hat die dortigen Richter davon überzeugen können, dass die VG ihre Gelder über Jahre nicht korrekt verteilt hat - und zwar zu Lasten der Autoren. Die Verwertungsgesellschaft, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einlegen wird, ist der Auffassung, dass die Entscheidung des Landgerichts die gesamte Verteilungsregelung in Frage stelle. Sie sagt, es sei zum Beispiel überhaupt nicht klar, was das Urteil für jene 287.000 Autoren bedeute, die mit der Verwertungsgesellschaft andere Verträge abgeschlossen haben als der Kläger.
Seltsam mutet an, dass die VG Wort die Gelder zurückhält, obwohl es sich nur um eine erstinstanzliche, also noch lange nicht rechtskräftige Entscheidung handelt. Der Einwand sei „berechtigt“, sagt Robert Staats, geschäftsführende Vorstandsmitglied der VG Wort. Man brauche aber „die Rückendeckung der Aufsichtsbehörde“. Das Patent- und Markenamt habe „weitreichende Aufsichtsbefugnisse“, daher sei die VG zu diesem Vorgehen „verpflichtet“.
Für viele freie Autoren ist prekär, dass die VG Wort die Tantiemen einfriert, denn diese haben angesichts stagnierender, real also sinkender Honorare an Bedeutung gewonnen. 2011 bekamen beispielsweise mehr als 17.000 Journalisten durchschnittlich 212 Euro für die Verwendung ihrer Texte in Pressespiegeln und fast 12.000 Journalisten im Schnitt 209 Euro für ihre gemeldeten Beiträge in Zeitungen und Publikumszeitschriften. Hinzu kommen, je nach Tätigkeitsspektrum des Autors, Tantiemen für Online-Veröffentlichungen sowie für Beiträge in Fachpublikationen und Sachbüchern.
Unter Image-Gesichtspunkten hat sich die VG Wort mit ihrer Entscheidung gewiss keinen Gefallen getan. Vorstandsmitglied Staats kontert: „Man erwartet von den Verwaltungsgesellschaften, dass sie sich korrekt verhalten, und genau das tun wir.“ Wie lange das Patent- und Markenamt für die Prüfung der Sachlage braucht, ist unklar. Die Behörde wird ihre Entscheidung wiederum mit dem für sie aufsichtsrechtlich zuständigen Bundesjustizministerium abstimmen müssen. Robert Staats sagt, es sei „völlig klar, dass die Autoren - und auch die Verlage - mit dem Geld gerechnet haben, also erheblicher Druck besteht“. Das Verfahren könne aber „einige Wochen dauern“.
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