VFL Wolfsburg in der Krise: Sportliches Elend
Der VfL Wolfsburg verliert mit 2:3 gegen Hertha BSC Berlin. Der Verein sucht händeringend nach einer neuen Strategie. Doch nun erwägt auch noch Hauptsponsor VW zu sparen.
Wolfsburg taz | Seine Art, die Dinge zu erklären und im Notfall zu beschönigen, ist und bleibt von besonderer Güte. Wann immer eine Fernsehkamera auf ihn gerichtet und eingeschaltet wird, funktioniert Klaus Allofs wie auf Knopfdruck. Auch kurz nach der 2:3-Heimniederlage gegen Hertha BSC Berlin hat der Geschäftsführer des VfL Wolfsburg wieder versucht, die Belange des Vereins möglichst vorteilhaft darzustellen. Dass einer der erfahrensten Manager der Fußball-Bundesliga dabei stark ins Schlingern gerät, ist verblüffend.
Seine Mannschaft verliert und verliert. Ihr vermeintlich bester Spieler namens „Julian Draxler“ muss als Buhmann herhalten. Und Allofs, der heute 60 Jahre alt wird, steht inzwischen selbst in der Kritik. Denn zwar möchten die Wolfsburger ein sehr besonderer Klub sein. Sie sind derzeit aber bloß ein besonders schlechter Klub.
Sie hatten gegen die starken Berliner zweimal in Führung gelegen. Den Wolfsburger Toren durch Borja Mayoral in der 12. Minute und Paul Seguin sechs Minuten später konnten die Hertha jeweils den Ausgleich durch Marvin Plattenhardt und Alexander Esswein entgegensetzen, ehe der Berliner Salomon Kalou kurz vor Schluss auch noch einen Foulelfmeter verwandeln konnte. Solch sportliches Elend wiederholt sich seit Wochen. Aber der eigentliche Fehler im System, der selbst Allofs in Bedrängnis bringt, stand in der 78. Minute zur Einwechslung bereit und wurde vom heimischen Publikum gnadenlos ausgepfiffen. Nationalspieler Julian Draxler ist in Wolfsburg zum Buhmann geworden, weil er schlecht spielt und gerne den Verein verlassen möchte.
„Was diese Pfiffe mit einem Menschen machen, kann sich jeder denken“, sagte Draxler, der von VfL-Cheftrainer Valérien Ismaël zunächst nur auf die Ersatzbank gesetzt worden war.
Das eigentliche Erfolgsmodell, mit dem aus dem VfL Wolfsburg ein national wie internationaler führender Verein gemacht werden sollte, droht zu scheitern. Hauptsponsor Volkswagen hat jahrelang viel Geld bewilligt, um gute Spieler zum Verein zu locken. Allofs war bester Hoffnung, um Draxler herum ein erfolgreiches Team aufbauen zu können. Dass ausgerechnet dieser teure Spieler nicht zum Verein passen will, kommt manchem Entscheidungsträger bei VW gerade recht.
Mitten in der Krise des Autobauer-Konzerns, dessen Image unter dem weltweiten Abgasskandal leidet, erscheint die Gelegenheit günstig, auch beim Sport zu sparen. Zum Leidwesen von Allofs wird bei VW gerade darüber diskutiert, ob die Strategie wirklich noch die richtige ist.
Auch für alle Neider und Kritiker des VfL Wolfsburg kommt die Personalie Draxler gerade recht. Er gilt als der personifizierte Beleg dafür, dass es selten eine gute Idee ist, den Erfolg im Sport erkaufen und erzwingen zu wollen.
Julian Draxler wird von den Wolfsburgfans ausgepfiffen. Er ist zum Buhmann des Vereins geworden
Zum Heimspiel gegen Hertha BSC waren rund 25.000 Zuschauer gekommen, die mehrheitlich mit schlechter Laune die Heimreise angetreten haben. Deshalb ist die bohrende Frage, ob sich der hohe finanzielle Aufwand von VW auf Dauer rechtfertigen lässt, gar nicht so abwegig. Die Nachwuchsteams des VfL sind gespickt mit hoffnungsvollen Talenten. Etablierte Profis wie der Brasilianer Luiz Gustavo dagegen oder der Pole Jakub Blaszczykowski sind nach Wolfsburg gewechselt, weil sie bei besseren Klubs nicht mehr gefragt waren.
Beide waren im Heimspiel gegen Berlin wie Draxler nur Reservisten und sind nur bedingt vermisst worden. Stück für Stück wird klarer, dass dieser Verein in der Tat eine neue Strategie benötigt. Es gibt die Variante, künftig günstiger und billiger einzukaufen. Oder es wäre auch ein Weg, vor allem dem eigenen Nachwuchs zu vertrauen, statt sich solche Transfers wie den von Draxler zu leisten. Bei beiden Varianten stellt sich die Frage, ob Allofs dann noch die Idealbesetzung für den VfL Wolfsburg ist.