Uwe Rada wundert sich, warum Gewobag und Co gehasst und geliebt werden: Lieber angreifen als beim Wort nehmen
Besser könnte man kein Tribunal inszenieren. Auf drei Seiten Zuschauerränge, zur offenen Seite hin die Bühne. Da treten auf: sechs Hausgemeinschaften, die allesamt Schreckliches erlebt haben – und zwar mit der Gewobag und der Gesobau. Einer steht dann auf und fragt rhetorisch, ob sich denn diese landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften überhaupt noch von privaten Spekulanten unterscheiden. So geschehen beim Mieterforum Pankow am Mittwoch Abend in der Wabe.
Ja, natürlich ist es ein Skandal, wenn die landeseigene Gesobau durch mehrere Instanzen geht, um ihren Mieterinnen und Mietern in der Pestalozzistraße 4 eine fragwürdige Wärmedämmung auf die Nase zur drücken. Oder wenn die landeseigene Gewobag in der Raumerstraße alle Doppelkastenfenster durch Plastikfenster ersetzen will, deren Rahmen so dick sind, dass im Bad kaum mehr Licht von draußen durchdringt. Und das, obwohl der Senat gerade erst seine sechs Wohnungsbaugesellschaften angehalten hat, Holzfenster zu erhalten.
Ja, und klar ist es skandalös, dass die Gewobag in der Knaackstraße 60–68 die Kosten einer Fassadendämmung einfach mal nach oben fingiert, in der Hoffnung, die Mieter würden es nicht merken. Haben sie aber, und die Gewobag musste kleinlaut einen Rückzieher machen.
Aber warum ein solches Tribunal? Weil es sich wunderbar radikal anhört, Gewobag und Co mit börsennotierten Spekulanten wie der Deutschen Wohnen zu vergleichen? Weil sich Andrej Holm als Moderator des Mieterforums wieder in der Rolle des Anklägers gefällt, statt als Staatssekretär für Wohnen selbst auf der Anklagebank zu sitzen? Denn das zu Recht beklagte Geschäftsgebaren der landeseigenen Gesellschaften in manchen Häusern ist nur die eine Wahrheit.
Die andere ist: Es gibt auch in Pankow Häuser, die den Besitzer wechseln und deren Mieter dann Angst haben, mehr als ein Holzkastendoppelfenster zu verlieren.Und die hätten liebend gerne, dass der Bezirk dann sein Vorkaufsrecht nutzt – und sie selbst unter das Dach einer landeseigenen Gesellschaft schlüpfen könnten.
Auch die Bewohner dieser Häuser kamen am Mittwoch zu Wort, aber leider erst ganz zum Schluss. Ganz offensichtlich versteht sich das Mieterforum Pankow in erster Linie als Opposition gegen Bausenatorin Katrin Lompscher – statt sie in ihren Bemühungen zu unterstützen, die städtischen Gesellschaften auf einen mieterfreundlichen Kurs zu trimmen.
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