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Uwe Rada ist gespannt, wie viel Prozent der neue SPD-Landeschef am Samstag bekommtHuldigung oder Denkzettel? Oder etwa beides?

Wenigstens haben sie noch das ­Estrel. Berlins größtes Hotel mit 1.125 Zimmern beherbergt am Samstag Berlins größte Partei mit 17.000 Mitgliedern. So kann sich die Berliner SPD ein letztes Mal als Volkspartei inszenieren. Mit Michael Müller als altem und neuem Volksparteivorsitzenden.

Nach der Wahl am 18. September könnte es damit zu Ende sei. Oder wie soll man eine Partei nennen, die sich mit Mühe an die 20-Prozent-Latte klammert? 23 Prozent der Berlinerinnen und Berliner würden die SPD wählen, wenn an diesem Sonntag Wahlen wären, ergibt die neue Umfrage von ­Infratest dimap. Die CDU käme auf 21 Prozent, Grüne und Linke auf 17 und 16, die AfD auf 13 und die FDP auf 5. Selbst eine „große“ Koalition der Exvolksparteien SPD und CDU wäre da nicht mehr möglich.

Aber die Berliner Sozialdemokraten haben ja noch ihre Wunderwaffe. Müller soll’s machen: als Regierungschef – und ab Samstag auch als Landeschef und Spitzenkandidat. Blöd nur, dass die Satzung zwar die Ernennung des Spitzenkandidaten per Akklamation zulässt, aber nicht die Wahl des Parteichefs.

Die eigentlich für Mai geplante Huldigung auf den Samstag vorzuziehen entspringt zwar einem Kalkül: Auch als Lan­deschef soll Müller in geheimer Abstimmung ein überwältigendes Ergebnis bekommen. Was aber, wenn einige den Plan durchkreuzen? Welche Botschaft würde eine Akklamation, also 100 Prozent für ihn als Spitzenkandidat, bedeuten und eine 79-Prozent-Wahl zum Parteichef? Müsste da nicht eine 9 vorne stehen, dass es nicht heißt, der Parteitag habe den neuen mächtigen Mann der SPD beschädigt?

Ach ja, auch Müller hat in der neuen Umfrage an Beliebtheit verloren. Nur noch 47 Prozent halten ihn für einen guten Regierungschef. Vielleicht sollte die SPD am Samstag ja nicht ihre 243 Delegierten abstimmen lassen, sondern die Übernachtungsgäste im Estrel. Das wäre ein hübscher Coup, der der SPD mal wieder eine positive Schlagzeile brächte.

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