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Urteil zu KrankmeldungenAttest schon ab dem ersten Tag

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden: Arbeitgeber dürfen von ihren Beschäftigten schon ab dem ersten Krankheitstag ein Attest einfordern – ohne spezielle Begründung.

Gelbes Glück: eine Krankschreibung. Bild: dpa

ERFURT dpa | Beschäftigte müssen auf Verlangen ihres Arbeitgebers schon am ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest vorlegen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht am Mittwoch in Erfurt. Die Arbeitgeber müssen demnach auch nicht begründen, warum sie bereits so früh einen Krankenschein vorgelegt bekommen wollen. Vielmehr liege es in ihrem Ermessen, dies auch ohne objektiven Anlass von ihren Mitarbeitern zu verlangen, entschieden die obersten deutschen Arbeitsrichter.

Damit wurde die Klage einer Redakteurin des Westdeutschen Rundfunks in Köln zurückgewiesen. Sie war nach einer Krankmeldung im November 2010 von ihrem Arbeitgeber aufgefordert worden, künftig schon am ersten Krankheitstag ein Attest vorzulegen. Die Klägerin hatte sich bereits in den Vorinstanzen erfolglos gegen die Anweisung ihres Arbeitgebers gewehrt.

In Deutschland gibt es laut Statistischem Bundesamt derzeit 37,2 Millionen Arbeitnehmer. Bundesweit waren Arbeitnehmer im vergangenen Jahr durchschnittlich 9,5 Arbeitstage krankgemeldet. Den niedrigsten Krankenstand der vergangenen 20 Jahre gab es 2007 mit rund 7,9 Fehltagen.

Gesetzlich sind Beschäftigte verpflichtet, ihren Arbeitgeber unverzüglich zu informieren, wenn sie wegen Krankheit ausfallen. Spätestens am vierten Krankheitstag muss eine entsprechende Bescheinigung eines Arztes vorgelegt werden. Das Entgeltfortzahlungsgesetz räumt dem Arbeitgeber aber auch das Recht ein, schon früher einen Krankenschein zu verlangen.

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12 Kommentare

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  • R
    Rollgardina

    Und diejenigen , die sonst für ein oder zwei Tage daheimgeblieben wären lassen sich nun für den Rest der Woche krankschreiben- wenn schon denn schon .....wenn der da Schuss nicht nach hinten losgeht für die sogenannten Arbeitgeber.

  • UH
    Udo Henn

    Ganz schlechtes Urteil. Das kann auch nach hinten losgehen. Wenn jemand, statt sich einen Tag ins Bett zu legen, um schnell wieder fit zu werden, krank zur Arbeit oder zum Arzt schleppen muss und dort noch seine Bazillen verteilt, dann wird es nicht bei einem Tag bleiben und der Krankenstand wird wieder steigen.

  • D
    diplom_hartzi

    Und wenn sich Arbeitnehmer XY nun bis zum Mittag die Seele aus dem Leib k... und an Wartezimmer bzw. Anstehen in der Praxis nicht zu denken ist und am Nachmittag hat der Hausarzt zu?

    Ergo, noch längere Schlangen in Notfallambulanzen, noch mehr Hausbesuche.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Urteil des Bundesarbeitsgerichtes ist zu begrüßen

  • AK
    asoziale Klassenjustiz

    Das wird dann richtig bitter mit dem Asiamt, außerdem kosten Atteste 10 Euro - plus Einschreiben, damit die Asis auf dem Amt es auch annehmen.

    Außerdem muß die Bedeutung von Arbeitgeber in Arbeitnehmer geändert werden, denn der Arbeiter gibt und der Bonze nimmt.

  • V
    vic

    Da soll man nicht wegen jedem Scheiß zum Arzt rennen, und dann kommen die mit sowas.

    Das bedeutet, wer einen Tag ohne Attest fehlt, fliegt?

    Es ist was faul im System, sehr faul.

  • WZ
    Wahl zwischen Pest und Cholera

    Dieses Urteil kommt just in time zum Auslaufen der Praxisgebühr.

    Mit der Gebühr sollte erzwungen werden, dass Lohnabhängige nicht so häufig krank machen - egal ob sie krank sind oder nicht.

    Mit diesem Urteil wird die Aufhebung der Türschwellen-Gebühr etwas ausgeglichen - im Sinne der Unternehmen.

  • S
    Synoptiker

    Wo bitte ist der Unterschied zwischen der Ausbeutung der Feudalzeit und der heutigen Moderne. Diese Eliten sind wunderbar vernetzt und helfen sich gegenseitig bei der Ausbeutung und beim reich werden. Wann werden wieder Lager eingeführt...?

  • S
    Schmu

    Und die Ärzte-Lobby klopft sich die Schenkel und reibt sich die gierigen Finger.

    Und dann wieder auf die Strasse zum protestieren.

  • AM
    Aufgeklärter Mensch

    Wo bleibt hier die Ankünidigung einer sofortigen Gesetezesinitiative um den Irrsinn zu ändern?

     

    Wo bleibt hier der Aufschrei der Kirchen, Islamischen, jüdischen Religionsgemeinschaften?

    Im Gegensatz zum "Beschneidungsurteil" eines Landgerichts hat diese Entscheidung ja tatsächlich Bindungswirkung für alle.

  • A
    ama.dablam

    "Krankenschein", alles klar...

  • R
    rollimops

    Was also nichts anderes bedeutet, als dass einE MitarbeiterIn sofort eineN ÄrztIn aufsuchen muss, auch wenn sie nur zwei Tage ausfällt. So werden die Statistiken der ÄrztInnenbesuche in Deutschland auch in die Höhe getrieben.