piwik no script img

Urteil zu Ferienwohnungen in BerlinSchluss mit dem Rechtsbruch

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Viele Airbnb-Vermieter haben zehn Jahre lang geltendes Recht ignoriert. Nun hat ein Gericht die Rückumwandlung in Mietwohnungen angeordnet – endlich.

Rollkoffer müssen bald draußen bleiben Foto: dpa

Z ehn Jahre sind vergangen, seit Berlin der Umwandlung von Mietwohnungen in Ferienapartments einen gesetzlichen Riegel vorgeschoben hat. Zehn Jahre, in denen damals schon existierende Airbnb-Hosts ungehindert weiter Profite gemacht haben. Schamlos haben sie sich über das gültige Zweckentfremdungsverbot hinweggesetzt, nur mit der Begründung, schon vor Einführung des Gesetzes an Tou­ris­t:in­nen vermietet zu haben.

Man stelle sich vor, Restaurants würden trotz des 2007 eingeführten Nichtraucherschutzgesetzes ihre Gäste weiter zum Essen schmökern lassen, einzig weil das schon immer so war. Oder alte Diesel immer noch durch die Umweltzone gurken. Es wäre das Ende von Gesellschaften, die sich gemeinsam auf Regeln, auf Fortschritt einigen.

Die Stadt war so nachsichtig, den Hosts nach Einführung des Gesetzes 2014 noch eine zweijährige Übergangsfrist zu gewähren. Doch der Großteil der Ver­mie­te­r:in­nen wollte auch danach einfach weitermachen. In Reaktion auf eine Klage der Betreiber eines Ferienwohnungshauses mit 37 möblierten Apartments in Mitte auf Erteilung einer weiteren Erlaubnis führte der Bezirk ein Musterverfahren. 2016 entschied das Verwaltungsgericht: Das Gesetz gilt, Wohnungen sind zum Wohnen da.

Weil das Urteil angefochten wurde, dauerte es aber bis jetzt, bis mit dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Fall abschließend entschieden wurde. Eine unerträglich lange Zeit, in der die Wohnungen den Ber­li­ne­r:in­nen vorenthalten werden konnten. Dass damit nun Schluss sein muss, wie das Gericht entschied, ist die positivste Nachricht für den Berliner Mietmarkt seit langem. Verantwortlich dafür ist auch die Hartnäckigkeit des Bezirks Mitte in seinem Streben danach, geltendes Recht durchzusetzen.

Tausende Wohnungen

1.600 Fälle, teilweise mit mehreren Wohnungen, werden allein in Mitte nun bearbeitet. Der Großteil von ihnen, wird bald die Aufforderung erhalten, die Kurzzeit-Vermietung zu beenden und die Wohnungen wieder für Mie­te­r:in­nen zur Verfügung zu stellen. Alle anderen Bezirksämter müssen sich daran ein Vorbild nehmen; es darf keine weitere Zeit mehr verschwendet werden.

Bis zu 10.000 Wohnungen sind schätzungsweise stadtweit betroffen. Angesichts dramatisch einbrechender Neubauzahlen, die sich eher in Richtung von 10.000 fertiggestellten Wohnungen pro Jahr bewegen, als dass sie das Ziel von 20.000 erreichen, ist das eine mehr als relevante Größe. Hinzu kommt: Anders als beim Neubau liegt der Löwenanteil der touristischen Apartments in den Innenstadtbezirken. Gerade sie haben eine Entlastung von den notorischen Rechtsbrechern der Airbnb-Mafia bitter nötig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
Mehr zum Thema

0 Kommentare