Urteil zu Fangbeschränkungen: Für EU geht Fischerei vor Meeresschutz

Ein Alleingang ist unzulässig: Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland untersagt, die Fischerei in Nord- und Ostsee eigenmächtig einzuschränken.

Fischer mit vollen Netzen

Volle Netze – dabei soll es nach dem Willen der Richter vorerst bleiben Foto: dpa

FREIBURG taz | Deutschland darf die Fischerei in Nord- und Ostsee nicht einfach selbst beschränken. Weil hier auch die Fangflotten anderer Staaten betroffen wären, ist die EU-Kommission zuständig. Das entschied am Mittwoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg – ein schwerer Rückschlag für deutsche Umweltverbände.

Nach Ansicht der Umwelt-NGOs steht der Meeresschutz in Nord- und Ostsee bisher nur auf dem Papier. Zwar sei Deutschland beim Ausweisen von Schutzgebieten führend, allerdings gebe es für acht von zehn Natura-2000-Gebieten bis heute noch keine Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen. „In Stellnetzen, die in der Ostsee für den Fang von Hering und Dorsch eingesetzt werden, verfangen sich jedes Jahr Zehntausende Seevögel sowie Schweinswale“, kritisiert der Deutsche Naturschutzring (DNR), „die bodenberührende Fischerei“ mit Schleppnetzen, „die in der Nordsee beim Fang von Krabben und Plattfischen eingesetzt werden, pflügt den Meeresboden regelrecht um und hinterlässt dauerhafte Spuren der Verwüstung“.

Nach den Grundsätzen der EU-Fischereipolitik müssen sich die beteiligten Staaten einigen. Weil die Verhandlungen aber nichts vorwärtskamen, stellte der DNR 2014 beim Bundesamt für Naturschutz einen Antrag, dass Deutschland einseitig Maßnahmen zum Meeresschutz in den drei Gebieten „Sylter Außenriff“, „Pommersche Bucht“ und „Pommersche Bucht mit Oderbank“ anordnen soll. Das Bundesamt erklärte sich jedoch für unzuständig. Daraufhin ging der DNR zum Verwaltungsgericht Köln. Die Klage wurde unterstützt von den Verbänden BUND, DUH, Greenpeace, Nabu, WDC und WWF.

Auf Vorlage der Kölner Richter entschied nun auch der EuGH, dass hier wirklich kein nationaler Alleingang zulässig ist. Ein EU-Staat dürfe keine Meeresschutzmaßnahmen beschließen, wenn von ihnen auch Fischereifahrzeuge anderer Staaten betroffen wären. Das ergebe sich aus der EU-Verordnung über die Gemeinsame Fischereipolitik von 2013.

Die Umweltverbände appellieren nun an die EU-Kommission, mehr Druck auf die Anrainerstaaten auszuüben. „Vor allem Dänemark blockiert derzeit alles“, kritisiert Nadja Ziebarth vom BUND. „Leider ist ein einstimmiger Beschluss erforderlich, sodass jeder Staat faktisch ein Vetorecht hat“, sagt Ziebarth. Die Strukturen der europäischen Fischereipolitik müssten dringend reformiert werden. „Je länger dieser Prozess dauert, desto länger wird ein effektiver Schutz wichtiger Lebensräume und Arten erschwert“, kritisierte auch der DNR nach dem EuGH-Urteil. (Az.: C-683/16)

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