Urteil zu Bundestagsausschüssen: AfD auf die Plätze verwiesen
Die AfD hat keinen Anspruch, Vorsitzende von Bundestagsausschüssen zu stellen. Eine Klage der Fraktion lehnte das Bundesverfassungsgericht ab.
Die AfD sitzt seit 2017 im Bundestag. Während der großen Koalition von 2017 bis 2021 war sie sogar größte Oppositionspartei. Nach den Proporzregeln durfte sie damals die Vorsitzenden der Ausschüsse für Haushalt, Recht und Tourismus vorschlagen. Vorsitzender des Rechtsausschuss wurde damals der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner, der aber schon 2019 wieder abgewählt wurde, nachdem er immer wieder durch anstößige Äußerungen aufgefallen war. So hatte er nach dem Anschlag auf die Synagoge von Halle 2019 einen Tweet verbreitet, der sich mokierte, dass Politiker nun in Synagogen „herumlungern“.
In der aktuellen Wahlperiode standen der AfD nach ihrem Stimmanteil wieder drei von 27 Ausschussvorsitzen zu. Konkret durfte sie die Vorsitzenden der Ausschüsse für Innenpolitik, Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit vorschlagen. Doch ihre Kandidat:innen wurden nicht gewählt. Die drei Ausschüsse haben bis heute keine Vorsitzenden, sondern werden von Stellvertreter:innen aus anderen Fraktionen organisiert. Gegen diese Blockade erhob die AfD Organklage und berief sich auf ihr Recht auf Gleichbehandlung. In der Geschäftsordnung des Bundestags heiße es, dass die Ausschussvorsitze „im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen“ verteilt werden.
Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Klage nun jedoch einstimmig ab. Ausschussvorsitzende seien im Grundgesetz nicht erwähnt. Wie sie bestimmt werden, könne der Bundestag in seiner Geschäftsordnung daher autonom regeln. Anders als bei der Besetzung der Ausschüsse, die die Gesetzgebung vorbereiten und daher entsprechend dem Wahlergebnis zusammengesetzt sein müssen, gebe es für die Ausschussvorsitze keine verfassungsrechtlichen Vorgaben.
Wahl von anderen Vorsitzenden „vertretbar“
Das Gericht will zwar kontrollieren, ob der Bundestag seine Geschäftsordnung „fair und loyal“ auslegt und anwendet. Der Ausschussvorsitz, der die Sitzungen vorbereitet und leitet, habe jedoch vor allem organisatorische Bedeutung. Hier wollen die Richter:innen nur kontrollieren, ob sich der Bundestag „evident sachwidrig“, also „willkürlich“ verhält – was Karlsruhe hier verneinte.
Es sei durchaus „vertretbar“ die Ausschussvorsitzenden zu wählen, auch wenn der in der Geschäftsordnung vorgesehene Proporz dann nicht zustande kommt. Schließlich heiße es in der Geschäftsordnung auch, die Ausschüsse „bestimmen“ ihre Vorsitzenden selbst. Dass die Vorschläge der Fraktionen jahrzehntelang fast immer im Konsens abgenickt wurden, ändere daran nichts. Auch früher sei vereinzelt gewählt worden, so die Richter:innen. Bei einer freien Wahl könne die AfD jedenfalls nicht verlangen, dass ihre Vorschläge eine Mehrheit finden.
Erfolglos war auch die AfD-Klage gegen die Abwahl von Stephan Brandner als Vorsitzendem des Rechtsausschusses. Die Fraktion hatte argumentiert, dass eine Abwahl in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen sei. Die Bundestagsmehrheit hatte jedoch entgegnet, dass nach einer Wahl auch eine Abwahl möglich sein müsse. Auch diese Auslegung der Geschäftsordnung hielt das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil für „vertretbar“.
Noch im Gerichtssaal sprach AfD-Mann Brandner von einem schwarzen Tag für den Parlamentarismus und Oppositionsrechte. Die Mehrheit könne einen Ausschussvorsitzenden der Opposition jetzt jederzeit und ohne jede Begründung einfach abwählen. „Mehrheiten können sich aber auch ändern“, fügte Brandner hinzu.
Johannes Fechner, Justiziar der SPD-Fraktion, freute sich dagegen über das Urteil: „Jetzt ist klar, dass wir Hetzer und unqualifizierte Personen von wichtigen Posten fernhalten können.“
Keine Auswirkungen auf Thüringen und Sachsen
Schon 2022 war die AfD in Karlsruhe mit einer ähnlichen Klage gescheitert. Damals hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die AfD keinen Anspruch auf einen Vizepräsidenten des Bundestags hat. Die anderen Fraktionen seien nicht verpflichtet, Kandidat:innen der AfD zu wählen, hieß es damals.
Das Karlsruher Urteil hat keine direkten Auswirkungen auf diebevorstehende Wahl von Ausschussvorsitzenden in den frisch gewählten Landtagen von Thüringen und Sachsen. Dort gelten die jeweiligen Landesverfassungen und Geschäftsordnungen, im Streitfall muss das jeweilige Landesverfassungsgericht entscheiden.
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