Urteil in Frankreich: Kampf dem schwarzen Ölgeld
Die französische Justiz erlaubt Ermittlungen gegen drei zentralafrikanische Präsidenten. Es geht um möglicherweise illegal erworbene französische Besitztümer.
PARIS taz | Die oberste Instanz der französischen Justiz hat einen Entscheid des Pariser Berufsgerichts kassiert, der eine Einstellung aller Verfahren wegen sogenannter Potentatengelder aus den zentralafrikanischen Ölstaaten Gabun, Kongo-Brazzaville und Äquatorialguinea angeordnet hatte. Ein französischer Untersuchungsrichter darf nun in einem Ermittlungsverfahren prüfen, ob die Herrscherfamilien Bongo (Gabun), Sassou-Nguesso (Kongo) und Obiang (Äquatorialguinea) ihre opulenten Besitztümer in Frankreich zu Recht oder zu Unrecht erworben haben.
Das Kassationsgericht erklärt damit eine von Transparency International in Paris eingereichte Klage für zulässig. William Bourdon, Anwalt der Organisation, die sich dem Kampf gegen Korruption und Plünderung der ärmsten Staaten durch skrupellose Herrscher verschrieben hat, freut sich: "Für jene, die bisher unbehelligt den Reichtum ihrer Länder geplündert haben, bedeutet dies das Ende der Straflosigkeit."
Da ein Untersuchungsrichter die Ermittlungen aufgrund der Klage bereits begonnen hatte, bevor er dann von der Staatsanwaltschaft und vom Berufungsgericht gestoppt wurde, liegt bereits eine lange Liste von verdächtigen Immobilien, Bankkonten und Luxuslimousinen vor.
Die Angehörigen des 2009 verstorbenen Staatschefs von Gabun, Omar Bongo, besitzen demzufolge in Frankreich 39 Häuser und Wohnungen sowie 70 Bankkonten; das Land wird mittlerweile von Omar Bongos Sohn Ali regiert. Von der Familie des Kongolesen Denis Sassou-Nguesso, der mit der Bongo-Familie verschwägert ist, sind 18 Immobilien und 112 Bankkonten bekannt. Der äquatorialguineische Präsident Teodoro Obiang Nguema hat mit einem Bankkonto und zahlreichen Luxusautos Verdacht auf sich gelenkt.
Obiangs Anwalt Olivier Pardo erklärte, die neue Entscheidung bedeute keineswegs, dass die französische Justiz die Vorwürfe von Transparency International bestätige; im Fall seines Klienten liege ohnehin nichts vor. Unangenehm ist es hingegen für die französische Staatsführung, dass sich die Justiz nun doch mit der potenziell kriminellen Herkunft gewisser Guthaben von befreundeten afrikanischen Herrschern befasst. Man befürchtet in Paris diplomatische Verstimmungen und eine Verschlechterung der Beziehungen.
Offen ist noch die Frage, inwieweit amtierende Staatschefs in Frankreich eine Immunität genießen. Deren Angehörige jedenfalls könnten strafrechtlich belangt werden, sofern sie nicht über diplomatische Pässe verfügen. Für andere Staaten, die sich auch mit der Frage von "unrechtmäßig erworbenem", ins Ausland transferiertem Eigentum oder "Potentatengeldern" befassen müssen, kann Frankreich nun einen Präzedenzfall liefern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!