Urteil im Prozess gegen Antifaschisten: Letzter Angeklagter freigesprochen
Tim H. soll die Dresden-Krawalle angeführt haben und wurde zu 22 Monaten Gefängnis verurteilt. In der Revision wurde er nun freigesprochen.

Weder durch Zeugen, ein Stimmgutachten noch durch Auswertung der polizeilichen Videoaufzeichnungen sei ein Aufruf von H. zu Gewalttaten nachweisbar, begründete der vorsitzende Richter Martin Schultze-Griebler den Spruch. Für eine Verurteilung wegen Beleidigung fehlten die Prozessvoraussetzungen, weil ein polizeilicher Strafantrag erst nach Verstreichen der Dreimonatsfrist eingereicht wurde.
Am Tag des Dresdner Zerstörungsgedenkens 2011 hatte ein „schwarzer Block“ in der Südvorstadt eine Polizeisperre zur Absicherung des Nazi-Aufmarsches durchbrochen. Wegen seiner auffälligen Körpergröße legte sich die Polizei auf H. als den Mann fest, der über ein Megafon den Angriff koordiniert haben soll. Weil er auf einen am Boden liegenden Demonstranten einschlug, soll H. außerdem einen Polizeibeamten als „Nazischwein“ beschimpft haben. Das Amtsgericht Dresden hatte ihn im Januar 2013 zu einer Haftstrafe von 22 Monaten ohne Bewährung verurteilt.
In der Berufung blieb davon nur eine Geldstrafe wegen Beleidigung übrig, für die nun eine andere Landgerichtskammer als Revisionsinstanz die formalen Voraussetzungen vermisste. Tim H. hofft, dass nach fast sechs Jahren die Staatsanwaltschaft auf eine erneute Revision verzichtet. In seinem Schlusswort erwähnte der Mitarbeiter der Linkspartei-Bundesgeschäftsstelle einen Anschlag auf seine Berliner Wohnung kurz vor Heiligabend, bei dem mit Teer gefüllte Flaschen durch die Fensterscheiben geworfen wurden. Die Familie muss nun umziehen. H. geht von einem Nazi-Hintergrund aus.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!