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Urteil im Akademikerball-ProzessGegen Rechts? Ist nicht rechtens

Wegen seines Protests beim Akademikerball hatte das Landgericht Wien einen Studenten aus Jena zu einer Haftstrafe verurteilt. Der Richterspruch hat Bestand.

Unschöne Szene in einem unschönen Prozess aus einem unschönen Gerichtssaal. Foto: dpa

Wien/Jena dpa | Die umstrittene Haftstrafe für einen Jenaer Studenten wegen seines Protests gegen den Wiener Akademikerball bleibt bestehen. Das Berufungsgericht habe den Antrag des Mannes zurückgewiesen, teilte der Senatspräsident des Oberlandesgerichts Wien, Leo Levnaic-Iwanski, nach der Verhandlung am Donnerstag mit.

Der Student war vor einem Jahr wegen Landfriedensbruchs, versuchter schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung zu einem Jahr Haft verurteilt worden – acht Monate davon zur Bewährung. Weil er schon sechs Monate in Untersuchungshaft saß, bleibt er auf freiem Fuß. Der junge Mann hatte beteuert, friedlich demonstriert zu haben.

Die Richter hätten keinesfalls nur eine untergeordnete Beteiligung des Studenten gesehen, der eigens aus dem Ausland angereist sei, erklärte Levnaic-Iwanski. Die Strafe solle auch abschreckenden Charakter haben. Es gelte klarzustellen, „dass freie Meinungsäußerung nicht durch Gewalt konterkariert werde“. Weitere Rechtsmittel seien nicht möglich, so dass das Urteil nun rechtskräftig sei.

Der Fall hatte überregional für Aufsehen gesorgt. Auch Thüringens heutiger Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gehörte zu den Unterstützern des jungen Mannes. Die Stadt Jena hatte ihm voriges Jahr ihren Preis für Zivilcourage zuerkannt.

Die Botschaft des Urteils an Demonstranten sei: “Vorsicht: Wer auf eine linke Demonstration geht, könnte am Ende im Gefängnis landen“, sagte Anwalt Clemens Lahner der Deutschen Presse-Agentur. „Die Entscheidung ist bitter.“

Er monierte, dass sich das Urteil nur auf einen Belastungszeugen stütze, dessen Aussagen widersprüchlich seien. Zwar gebe es theoretisch die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen, sagte Lahner. Dies sei aber derzeit nicht geplant.

Der Akademikerball wird alljährlich von der rechten FPÖ veranstaltet und von zahlreichen Burschenschaftlern besucht. Das führt immer wieder zu Protesten von Antifaschistinnen und Antifaschisten. Bei den Ausschreitungen im Januar 2014 waren 20 Menschen verletzt worden und ein Sachschaden von etwa einer halben Million Euro entstanden.

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5 Kommentare

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  • Warum müssen "linke" Demonstrationen immer in Gewalt ausarten? Hier geht es oft nicht um den Protest, sondern es geht um die Randale. Ein "schwarzer Block" ist nicht besser als Hooligans oder NPD-Pöbel!

  • Noch eine Anmerkung, es gibt wichtigere Gründe zu demonstrieren als den vermufften Wiener Akademikerball.

    Die menschenunwürdige Art wie Europa mit Flüchtlingen umgeht an deren Kriegen es mitverdient.

    Die Kinderarmut im eigen Land.

    Da muss man sich wegen einer überflüssigen Veranstaltung im Ausland nicht wichtig machen.

  • Die rechte FPÖ. Wie kommt es dass ein Protest gegen die rechte FPÖ eine linke Demonstration ist. Auch Menschen ohne linke Einstellung können gegen rechte Veranstaltungen protestieren. Wahrscheinlich besitzen sie einen liberalen, gesunden Menschenverstand. Es gibt nicht nur rechts und linke, oben und unten. Der Mensch ist vielseitig im Besten Fall.

  • eine technische anmerkung: das foto zeigt wohl eine aufnahme aus dem ersten prozess. der angeklagte trägt da noch handschellen. dies war beim berufungsprozess wohl nicht mehr der fall. diesen bestritt josef als freier mann. dennoch halte ich das urteil für einen skandal. der "standard.at" hat aktuellere fotos. vllt. gelegentlich mal bei den kollegen nachschauen, liebe taz. https://derstandard.at/jetzt/livebericht/2000018386293/fall-josef-s-landet-vorm-oberlandesgericht

  • Damit ist es jetzt amtlich: Wenn du in Österreich am Rande einer antifaschistischen Demonstration einen *umgefallenen Mistkübel wieder auf der Strasse aufstellst*, dann ist das ein ausreichender Grund, wegen allen möglichen schweren Delikten, die vor Gericht gar nicht mehr weiter bewiesen werden müssen, als angeblicher "Rädelsführer" verknackt zu werden (!). Denn bekanntlich gibt es keinen anderen "Beweis" für Josefs angebliche "Schuld", als die auf Film dokumentierte Tatsache, dass er einen *umgefallenen Mistkübel wieder auf der Strasse aufgestellt hat*!