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Urteil gegen Ex-First Lady in Gabun3,6 Millionen Euro jährlich für Luxus auf Staatskosten

In einem historischen Korruptionsprozess wurden Ehefrau und Sohn des 2023 gestürzen Präsidenten Gabuns zu langen Haftstrafen und Geldbußen verutrteilt.

So lässt es sich leben als First Lady von Gabun Foto: Ben Stansall/Pool photo via AP

Kunst, Klamotten und Schmuck: Bis zu 3,6 Millionen Euro soll die ehemalige First Lady Gabuns, Sylvia Bongo Ondimba, laut ihrem ehemaligen Assistenten jährlich dafür ausgegeben haben. Hinzu kommen Millionenausgaben für Privatjets, Autos und Immobilien, darunter ein Palast in Marrakesch. Für all das und mehr soll sich die Ehefrau des 2023 durch einen Militärputsch abgesetzten Präsidenten Ali Bongo gemeinsam mit deren gemeinsamen Sohn Noureddin Bongo-Valentin in den Staatskassen bedient haben.

Das Duo war am Mittwoch in Abwesenheit von einem gabunischen Sonderstrafgericht zu 20 Jahren Haft sowie einer Geldstrafe von 100 Millionen CFA-Francs verurteilt. Außerdem wurde ein internationaler Haftbefehl gegen sie erlassen und die Beschlagnahmung ihres Vermögens zugunsten des gabunischen Staates veranlasst.

Nach zwei Prozesstagen wurde Sylvia Bongo Ondimba schließlich in den Punkten Hehlerei, Veruntreuung öffentlicher Gelder, Geldwäsche, Unterschlagung und Anstiftung zu Urkundenfälschung schuldig gesprochen. Ihr Sohn Noureddin Bongo-Valentin wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder, Amtsanmaßung, schwerer Geldwäsche und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Noureddin Bongo-Valentin hatte jahrelang unautorisiert Befehle im Namen seines Vaters gegeben, nachdem dieser im Oktober 2018 einen Schlaganfall erlitten hatte.

In dem historischen Prozess hörte das Gericht in Gabuns Hauptstadt Libreville Berichte von Mitangeklagten und Zeugen an, die eine systematische Veruntreuung öffentlicher Gelder „zum Vorteil privater Interessen“ sichtbar machten, so die Anklageschrift von Generalstaatsanwalt Eddy Minang. Demnach habe es unter anderem ein System von mehr als dreißig Scheinfirmen gegeben, mit dem die Verwendung von Staatsgeldern verschleiert worden war. Die Schätzungen über die veruntreuten Beträge variieren zwischen 1,2 Milliarden CFA-Francs und 4,4 Milliarden CFA-Francs. Letzteres entspräche 6,7 Millionen Euro.

Putschistenregierung weist Foltervorwürfe zurück

Sylvia und Noureddin Bongo waren nach dem Staatsstreich vom 30. August 2023 verhaftet und 20 Monate lang in Gabun inhaftiert worden, bevor sie im Rahmen einer vorläufigen Freilassung das Land verlassen durften. Heute leben sie in London. Wie angekündigt, boykottierte die ehemalige Präsidentenfamilie den Prozess und bezeichnete ihn als politisch motiviert.

Sie seien während ihrer Haft in Gabun wiederholt von Soldaten des derzeitigen Präsidenten Brice Oligui Nguema ausgepeitscht, elektrisiert, untergetaucht und geschlagen worden, so die Vorwürfe, und haben ihrerseits in Frankreich Anzeige wegen Folter erstattet. Vorwürfe, die Militärputschist Oligui, seit Mitte April auch offiziell Regierungschef des Landes, bestreitet.

Der Bongo-Clan gilt als eine der reichsten und mächtigsten Familien des afrikanischen Kontinents. Lange soll Gabun eine Drehscheibe für Geldwäsche-Praktiken der korsischen Mafia gewesen sein, die über den Umweg in Zentralafrika Geld in Frankreich anlegten.

Bereits vor Ali Bongo, der nach 14 Jahren an der Macht gestürzt worden war, hatte dessen Vater Omar Bongo mehr als vier Jahrzehnte lang das Land regiert. Dass nun zwei der prominentesten Gesichter der Prozess gemacht wird, gilt als bahnbrechend in der Aufarbeitung des jahrzehntelangen Machtmissbrauchs der Familie.

Zehn weitere ehemalige enge Mitarbeiter der Bongo-Familie stehen noch bis Freitag vor Gericht. Ihnen wird unter anderem Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Gelder, aktive Korruption, Amtsmissbrauch, Urkundenfälschung und Geldwäsche vorgeworfen.

Anm. d. Red.: In einer früheren Version hieß es, 4,4 Milliarden CFA-Francs entsprächen 6,7 Milliarden Euro. Richtig ist 6,7 Millionen Euro.

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