Urteil gegen Blackwater-Söldner: Lebenslang wegen Irak-Massaker
Es war ein Blutbad in Bagdad 2007: 14 tote Zivilisten, 17 Verletzte. Vier Sicherheitsleute der US-Firma Blackwater müssen dafür lebenslang und 30 Jahre ins Gefängnis.
WASHINGTON ap | Vier frühere Sicherheitsleute der US-Firma Blackwater sind wegen tödlicher Schüsse auf Iraker im Jahr 2007 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Einer der Angeklagten bekam am Montag lebenslänglich, die anderen drei erhielten Gefängnisstrafen von jeweils 30 Jahren und einem Tag. Bis zuletzt beteuerten die Männer ihre Unschuld.
Im Oktober hatte eine Jury einen der Angeklagten des Mordes für schuldig befunden, die anderen drei des Totschlags (Kommentar von Bernd Pickert). Bei dem Zwischenfall vor acht Jahren in Bagdad waren 31 Iraker angeschossen worden, 14 erlitten tödliche Verletzungen, 17 wurden verwundet.
Der Fall steckte jahrelang in juristischen Auseinandersetzungen fest. Zeitweise schien es ungewiss, ob überhaupt jemals Anklagen erhoben werden. So wurden die Blackwater-Mitarbeiter zunächst im Jahr 2008 beschuldigt, ihr Fall jedoch später von einem Richter kassiert. Ein Berufungsgericht rollte den Fall jedoch dann wieder auf, woraufhin die Männer im Oktober 2013 offiziell angeklagt wurden.
Der Prozess dauerte schließlich elf Wochen. Die Staatsanwaltschaft rief 72 Zeugen auf, darunter irakische Opfer, ihre Familien und frühere Blackwater-Kollegen der Angeklagten.
Widersprüchliche Darstellungen
Es gab völlig widersprüchliche Darstellungen jener Ereignisse auf dem Bagdader Nisoor-Platz. Den Augenzeugen zufolge war der Wachmann Nicholas Slatten der erste, der dort unvermittelt das Feuer eröffnet habe. Gegen ihn verhängte Bundesrichter Royce Lamberth lebenslange Haft. Seine drei Kollegen Paul Slough, Evan Liberty und Dustin Heard müssen für 30 Jahre und einen Tag hinter Gitter.
Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten vor, die Zivilisten aus dem Hinterhalt auf dem belebten Platz ins Visier genommen zu haben. „Diese vier Männer weigern sich, jegliche Verantwortung für ihre Verbrechen und das Blut zu übernehmen, das an jenem Tag vergossen wurde“, sagte US-Staatsanwalt Patrick Martin. Auf Videobildern im Gerichtssaal waren Fotos der Toten und Verwundeten, von Kugeln durchlöcherter Autos und Granatenwerfern zu sehen, die die Wachmänner abgefeuert hatten.
In gebrochenem Englisch sprach der Zeuge Mohammed Kinani Al-Rassak im Prozess über den Tod seines neunjährigen Sohnes. „Wo liegt der Unterschied zwischen diesen Kriminellen und Terroristen?“, fragte er.
Verteidigung bezweifelt Verfahren
Die Verteidigung erklärte hingegen, es gebe Beweise, dass die Angeklagten von Aufständischen und irakischen Polizisten beschossen worden seien. Sie hätten dann in Selbstverteidigung zurückgeschossen. Zudem baten die Anwälte der Männer mit dem Argument um Gnade, dass eine jahrzehntelange Haftstrafe verfassungswidrig und harsch sei, da ihre Mandanten unter Stress in einer kriegsgebeutelten Umgebung aktiv gewesen seien. Die Angeklagten auf stolze Militärkarrieren und enge Familienverbindungen zurück, erklärte Verteidiger David Schertler.
Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit dem Blutbad in Bagdad beharrten die Verurteilten in Handschellen und Häftlingskleidung vor dem Richter auf ihrer Unschuld. Er könne dem Gericht nicht in aller Ehrlichkeit sagen, dass er etwas Falsches getan habe, sagte Heard.
Es wird erwartet, dass das juristische Gezerre in dem Fall auch nach dem Urteil weitergeht. Noch vor Prozessbeginn hatte die Verteidigung mehrere Bedenken angemeldet, die als Basis für ein Berufungsverfahren dienen könnten. Dazu gehöre die Frage, ob bei der Anklageerhebung überhaupt die gerichtliche Zuständigkeit korrekt gewesen sei, sagten die Anwälte.
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