Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Flashmob als Streikmittel erlaubt

Gewerkschaften dürfen ihre Mitglieder bei Streiks im Einzelhandel zu Blockade-Aktionen in Kaufhäusern aufrufen. Das entschied das Verfassungsgericht.

Gehört ab jetzt zum gewerkschaftlichen Arbeitskampf, macht manchmal aber auch einfach nur Spaß: der Flashmob. Bild: dpa

KARLSRUHE afp | Das Bundesverfassungsgericht hat den sogenannten Flashmob als neue Form des gewerkschaftlichen Arbeitskampfes gebilligt. Gewerkschaften dürfen demnach bei Tarifauseinandersetzungen im Einzelhandel ihre Mitglieder zu überraschenden Blockade-Aktionen in Kaufhäusern aufrufen, heißt es in einem am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss.

Der Berliner Handelsverband hatte geklagt; Anlass war ein Appell der Gewerkschaft Verdi, bei der 2007 rund 40 Teilnehmer eine Kaufhaus-Filiale für rund eine Stunde lahmgelegt hatten.

Verdi hatte damals im Arbeitskampf des Berliner Einzelhandels Gewerkschaftsmitglieder per SMS dazu aufgerufen, zu einem bestimmten Zeitpunkt „in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, gezielt einkaufen gehen“.

An der Aktion beteiligten sich dann etwa 40 Menschen. Sie kauften dort in größerer Zahl sogenannte Pfennig- oder Cent-Artikel, weshalb sich an den Kassen Warteschlangen bildeten; andere füllten etwa 40 Einkaufswagen mit Waren und ließen diese ohne Begründung oder mit der Angabe, das Geld vergessen zu haben, in den Gängen oder im Kassenbereich stehen.

Die geschäftsschädigende Aktion dauerte je nach Angaben zwischen 45 Minuten und einer Stunde und wurde bereits vom Bundesarbeitsgericht als zulässige Arbeitskampfmaßnahme gebilligt. Nach dem Urteil der Verfassungshüter dürfen sich Flashmob-Aufrufe aber nur an Gewerkschaftsmitglieder richten, und die Aktion muss „als gewerkschaftlich getragene Arbeitskampfmaßnahme erkennbar sein“. Dies sei etwa auch für Schadensersatzforderungen der Arbeitgeber bei rechtswidrigen Aktionen von Bedeutung.

Karlsruhe störte sich auch nicht daran, dass Einzelhändler dem Bundesarbeitsgericht zufolge auf Flashmobs nur mit dem Hausrecht und einer ebenfalls den Umsatz treffenden vorübergehenden Schließung ihres Geschäfts reagieren können. Es sei nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die „praktische Wirksamkeit von Reaktionsmöglichkeiten“ der Arbeitgeber zu bewerten.

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