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Urteil des Amtsgerichts HamburgHaftstrafe für Holocaustleugnerin

Die Grande Dame der Holocaustleugnungsszene, Ursula Haverbeck, bekommt 10 Monate Haft ohne Bewährung. Das Urteil will sie nicht akzeptieren.

Wurde bereits mehrfach wegen Volksverhetzung angeklagt: Ursula Haverbeck. Foto: dpa

Hamburg taz | Donnerstagvormittag im Amtsgericht Hamburg. Im Saal 127 erklärt Ursula Haverbeck ihre Weltsicht. Es sei „nicht historisch belegt“, dass Auschwitz ein Vernichtungslager war. Das sei vielmehr nur „ein Glaube“, verkündet die 87-Jährige gut gelaunt. Amtsrichter Björn Jönsson ist sichtlich bemüht, die Fassung zu behalten. „Es ist bedauerlich, dass eine Frau, die in Ihrem Alter noch so rege ist, ihre Energie darauf verschwendet, so einen haarsträubenden Blödsinn zu verbreiten“, sagt Jönsson. „Bei Ihnen ist Hopfen und Malz verloren.“

Ursula Haverbeck ist so etwas wie die Grande Dame der Holocaustleugnungsszene. Seit Jahrzehnten verbreitet die Exvorsitzende des 2008 verbotenen rechtsextremen Schulungszentrums Collegium Humanum unermüdlich ihr nazistisches Gedankengut. Zwei Geldstrafen und eine Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung hat sie bereits im Bundeszentralregister stehen. Was eigentlich erstaunlich wenig ist.

Diesmal stand Haverbeck wegen mehrerer Interviews vor Gericht, die sie im April dieses Jahres gegeben hatte. Darin hatte sie unter anderem bekundet, der Holocaust sei „die größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte“. Ihre damaligen Aussagen bestätigte sie vor Gericht. „Ja, das habe ich so gesagt“, sagte die rüstige Witwe eines NSDAP-Funktionärs. „Dabei bleibe ich auch.“ Den Paragraphen 130, der das Leugnen des Holocaust unter Strafe stellt, bezeichnete Haverbeck, die ohne Anwalt angereist war, als ein „Gesetz zur Aufrechterhaltung einer Lüge“.

Der Saal? Für ihren Auftritt zu klein

Bereits vor Beginn der Verhandlung hatte sich Haverbeck mit Richter Jönsson angelegt: Der Saal sei ihr für ihren Auftritt zu klein. Im blauen Kostüm und weißer Bluse wollte die Dame mit den hochgesteckten weißen Haaren und den geröteten Wangen vor großem Publikum erneut für die vermeintliche Wahrheit und gegen die angeblich eingeschränkte Meinungsfreiheit streiten.

Ärgerlich für sie: Im Saal war die einzige Zuschauerbank vor allem mit antifaschistischen Gegnern besetzt. Der Grund, dass ihre Anhänger vor der Tür skandierten: „Wir wollen rein!“ Auf dem Flur hatte der schleswig-holsteinische NPD-Vorsitzende Ingo Stawitz die Angeklagte herzlich begrüßt. Der verurteilte Holocaustleugner Riegolf Hennig hatte ihr einen Blumenstrauß überreicht.

Von einer „fanatischen Verblendung“ sprach die Staatsanwaltschaft – eine Charakterisierung, der das Gericht nicht widersprechen wollte. Kurz vor elf Uhr verurteilte Amtsrichter Jönsson die Unbelehrbare zu einer Haftstrafe von zehn Monaten Haft ohne Bewährung.

Als Haverbeck den Gerichtssaal verließ, wurde sie von ihren Fans mit Applaus begrüßt. „Selbstverständlich“ akzeptiere sie das Urteil nicht, verkündete die Seniorin.

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32 Kommentare

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  • Bedenklich finde ich, dass Hitler mittlerweile teilweise zum Popstar umgedeutet wird wie es z.B. bei Bonnie und Clyde, Al Capone und weiteren geschehen ist. Alles Schwerverbrecher, auch wenn der Vergleich hinkt, ich weiß, ich weiß. Aber trotzdem: Ich befürchte, dass durch Hilterenten, den Stromberg-Hitler usw. einige Mitbürger zwar nicht rechtsradikal werden aber Hitler als den Mann mit dem lustigen Bärtchen und der komischen Aussprache sehen.

    • @Christian_72:

      Völlig richtig. Die Neue Deutsche Oberflächlichkeit wird dem Phänomen Hitler nicht im entferntesten gerecht. Jeder "witzige" Comedy-Hitler trägt mehr zur Desensibilisierung bei als eine etwaige unkommentierte Veröffentlichung von "Mein Kampf", welche immer noch der Aufklärung dienen würde - vorausgesetzt, es gibt überhaupt noch Leute, die aufgeklärt werden wollen.

  • Sehr lesenswert hierzu die Kolumne von Thomas Fischer , Bundesrichter , 2. Strafsenat : https://mail.google.com/mail/?tab=wm#all/150d15582f4004b2

    • @APOKALYPTIKER:

      Würd ich ja gern lesen, aber ohne Zugangsdaten geht das nicht.

      • @Rainer B.:

        ...sorry - vielleicht geht's darüber :

        http://newsletterversand.zeit.de/go/1/1F2MNKIP-15SVT581-15ZCXYI7-I4615A4.html

        • @APOKALYPTIKER:

          Die Kolumne beschäftigt sich mit der Frage, ob man den Goebbels-Vergleich Lutz Bachmanns gegen Heiko Maas mit dem Strafrecht beantworten soll, oder nicht. Diese Frage stellt sich allerdings überhaupt nicht, weil Heiko Maas auf eine Strafanzeige verzichtet hat - wohlwissend, dass dabei nichts herauskommt, ausser Kosten und BlaBla.

          Bei den Holocaust-Leugnern liegt der Fall ganz anders. Da muss der Staat sehr wohl ein Interesse an der konsequenten Strafverfolgung haben, weil er sich sonst allzu gemein macht mit einer Ideologie, die die Errungenschaften der freiheitlich-demokratischen Demokratie gegen ebendiese einzusetzen versucht. Nochmal: Leugnen des Holocaust hat absolut gar nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Das ist nationalsozialistische Propaganda und die steht nun mal ausdrücklich nicht unter dem Schutz der Verfassung. Warum das so ist, erklärt sich doch eigentlich von selbst - oder?

  • Auch wenn ich diese Nazi-Oma und ihre Ansichten zum Kotzen finde, so ist es doch fragwürdig, einen Menschen, der historisch und sonstwie belegte Tatsachen wie die Todesfabrik Auschwitz in Frage stellt, deswegen einzusperren. Man sollte sie eines Besseren belehren, aber sie ist vermutlich belehrungsresistent. Sie macht sich die Nazi-Welt, so wie es ihr gefällt. Für sie sind die Verbrechen so unvorstellbar, dass sie sie einfach leugnet.

    • @Nicky Arnstein:

      Die Inhaftierung der 87-jährigen wird sie wohl nicht mehr von der Unrichtigkeit ihrer Mär von der Holocaustlüge überzeugen.

    • @Nicky Arnstein:

      Man sollte sich lieber um die neuen Nazis kümmern. Von einer alten Frau geht keine Bedrohung mehr aus, von einer braunen Grundströmung, wie wir sie derzeit erleben, sehr wohl.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Au contraire. Diese Frau ist NS-Zeitzeugin, so dass die braunen Jungspunde ihr natürlich Glauben schenken werden.

        • @Nicky Arnstein:

          Holocaustleugner leugnen den Holocaust. Das sind die alten Nazis.

           

          Die neuen Nazis leugnen nicht den Holocaust, sie ignorieren oder verherrlichen ihn.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Sehe ich nicht so. Die Frau ist ein propagandistischer Teil dieser braunen Grundströmung.

  • Leider sterben solche furchtbaren Menschen nicht aus. Im Gegenteil: Ich fürchte, dass mit zunehmendem, zeitlichem Abstand zum Holocaust die Zahl noch größer werden könnte, wenn erst einmal alle Zeitzeugen gestorben sind.

     

    Andererseits gibt man ihnen mit Prozessen auch eine Bühne, auf der sie ihren Unsinn verbreiten können. Ich wäre für totschweigen. Nur wenn jemand massiv Öffentlichkeitsarbeit betreibt, sollte dies unterbunden werden. Aber ansonsten darf man auch gerne an kleine grüne Männchen oder Gott glauben. Jeder macht sich halt auf seine spezifische Weise lächerlich.

     

    Möglicherweise halten sogar gerade die Holocaustleugner viele davon ab, den Rechtsextremen beizutreten. Denn offensichtlicher kann man seine versch®obene Wahrnehmung der Welt nicht demonstrieren.

  • Die Menschen halten das für die Wahrheit, was sie für die Wahrheit halten wollen. Da bin ich dankbar für den Paragraph 130, der zumindest solche die Opfer verhöhnenden Lügen strafbar macht.

  • Immerhin mal ein klares Urteil. Da laufen noch eine ganze Reihe solcher Geschichtsfälscher frei rum. Die sind durch die Bank keineswegs nur harmlose Spinner, wie die Justiz bislang immer bereit war anzunehmen, sondern Vollnazis.

  • Vielleicht könnte hier ein verpflichtender Besuch der KZ Gedenkstätte Auschwitz/Birkenau, zur Erhellung des Verstandes beitragen.

    • @JensF:

      Ich fürchte, das ist bei dieser Person aussichtslos. Das Urteile empfinde ich jedoch als äußerst Milde, bemessen an dem was diese Frau an Ungeist verbreitet.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Reiner Bewersdorff:

        Ich finde es äußerst bedenklich, dass man hierzulande Leute für etwas einsperren kann, das sie "bloß" sagen. Schließlich kann man die Worte, die sie machen, nicht miteinsperren. Und die Gedanken, die sich diese Unverbesserlichen und ihre Anhänger machen sind ohnehin frei. Solche Leute einzusperren finde ich schlicht lächerlich. Für ihre Anhänger wird sie am Ende noch gar zur Märtyrerin.

        • @849 (Profil gelöscht):

          Sie haben gar nichts begriffen.Hitler hat in seinem ganzen Leben eigenhändig keinen einzelnen Menschen umgebracht,höchstens im ersten Weltkrieg,aber das ist auch nicht verbürgt.

          Was er jedoch getan hat ist,ständig seine Meinung öffentlich geäußert.Die Folgen,sollte man meinen,sind heute unbestreitbar bekannt,doch dann kommt so eine dahergelaufenen Nazi... und behauptet entgegen aller Beweise einfach das Gegenteil,weil sie ihr Weltbild für viel schöner hält,als das der Wirklichkeit und sich dieser schlicht verweigert.Sie behält es aber nicht für sich,sondern hält es für angebracht andere Menschen dahingehend zu beeinflussen,die Geschichte umzudeuten und die Opfer nicht nur zu leugnen,sondern sie noch zu verhöhnen.

          • @Markus Müller:

            Das Problem ist Folgendes:

             

            Wer heute die Massenmorde und/oder Genozide Stalins, der Roten Khmer, der Türken an den Armeniern oder auch europäischer Kolonisten an (z. B.) den amerikanischen Ureinwohnern leugnet, bleibt straflos.

             

            Auch solchen Leuten KÖNNTE man unterstellen, dass sie damit im Umkehrschluss die Vorgehensweise der seinerzeitigen Verantwortlichen gutheißen wollen und einer Wiederherstellung der jeweiligen Herrschaftsverhältnisse befürworten würden. Wir sollten uns einig sein, dass ein zweiter Stalin oder Pol Pot nicht allein deshalb eine weniger furchtbare Vorstellung wäre, weil der jeweils erste nicht in Deutschland geherrscht hat und die Schergen der beiden keine Deutschen waren.

             

            Trotzdem gilt für die Verharmlosung DIESER Großverbrechen wie für die meisten Hirngespinste, dass die Meinung numal frei ist und die Gedanken erst recht. Wer so verblendet daherredet bzw. zuhört und den Quatsch glaubt, ist halt selbst schuld, und nicht zu belangen, solange er nur denkt und redet.

             

            Die spezielle Strafbarkeit der Holocaustleugnung ist insoweit zwar begründbar aber eigentlich in unserem Rechtssystem ein Fremdkörper (und bietet daher Angriffsfläche für die Opferrhetorik der betroffenen Rechtsradikalen). Insoweit kann ich Atalaya verstehen. Ein mulmiges Gefühl hatte ich bei der Vorschrift auch immer schon. Ich kann mich nur nicht dazu durchringen, ihre Abschaffung zu fordern, weil ich es aus dem Bauch heraus einfach gut finde, dass Holocaustleugner bestraft werden.

        • @849 (Profil gelöscht):

          Nö, diese Leute sagen ja nicht einfach irgendwas und werden dann dafür eingesperrt. (Mir ist bislang auch noch kein einziger Fall bekannt, wo der §130 wirklich mal konsequent angewendet wurde.)

          Diese Leute leugnen den Holocaust, obwohl sie es besser wissen können und müssen. Der Holocaust ist durch unzählige Tatsachen belegt, historisch völlig unbestritten und unbestreitbar. Aus dem Wissen um den Holocaust erwächst insbesondere eine Verpflichtung aller Nachkriegsgenerationen, zu verhindern, dass sich so etwas jemals wiederholt. Die Holocaust-Leugner wollen den Nationalsozialismus mit all seinem Unrecht, seinen Grausamkeiten und seiner Kriegslust zurück. Kein zivilisierter Staat kann und darf solchem Treiben tatenlos zusehen. Diesen Leuten muss man beizeiten Einhalt gebieten. "Bedenklich" ist dabei nur, dass man damit so lange gewartet hat.

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @Rainer B.:

            Ich glaube gern, dass diese Leute den Nationalsozialismus zurückhaben wollen, aber dieses Wollen wird ja dadurch nicht gemindert, dass wir sie für die Leugnung des Holocausts einsperren. Es ist mir in dieser Zusammenhang auch völlig egal, dass der Holocaust bewiesen ist. Mir geht es darum, dass man in einem freien Land straflos sagen können darf, was man denkt, auch wenn das der abstruseste Blödsinn ist, den man sich ausdenken kann.

            • @849 (Profil gelöscht):

              Ein Land, in dem die Opfer des Nationalsozialismus verhöhnt und verleumdet werden dürfen, kann niemals ein freies Land sein. Es ist allenfalls frei von Verstand und Anstand.

              • @Rainer B.:

                Ich weiß nicht, ob "Freiheit" das entscheidende Kriterium ist. In einem freien Land ist es zunächst mal üblich, dass das "Dürfen" dem "Nichtdürfen" grundsätzlich vorgezogen wird. Also sind Redeverbote diesbezüglich eher kontraproduktiv. Überlegen Sie bitte auch, wen man hierzulande alles ungestraft verhöhnen kann, ohne dass der es mehr verdient hätte als die Opfer des Holocaust.

                 

                Mir gefällt Ihr Wort "Anstand", vielleicht auch "Verantwortungsgefühl", besser. Darum geht es doch: Das Land will insgesamt anständig und verantwortungsvoll mit seiner Geschichte und ihren Opfern umgehen und verordnet sich daher in diesem einen Bereich kollektiv ein (ansonsten schwerlich in die freiheitliche Grundordnung einzuordnendes) besonderes Maß an verbaler Disziplin. Man muss nicht Alles und Jedes mit Freiheit rechtfertigen.

                • @Normalo:

                  ATALAYA sieht im § 130 offenbar eine Beschränkung der Freiheit. So gesehen darf sich jeder Straftäter unfrei fühlen, wenn man ihn nicht ungestört machen lässt. Ein Land ohne Regeln, an die sich alle zu halten haben, darf man aber niemals mit einem freien Land verwechseln - ganz im Gegenteil.

            • @849 (Profil gelöscht):

              Ich glaube zu verstehen, was Sie meinen und sagen möchten.

               

              Sie haben recht, dass die Gefängnisstrafe das Denken und Reden nicht ändert, sondern "nur" die, die so denkt und redet, in den Augen und in der Meinung ihrer "MitstreiterInnen" sozusagen "adelt". Und deshalb wäre, damit es wirkt, eine andere Strafe nötig.

               

              Problem ist jedoch, dass es eine solche andere Strafe eben nicht gibt; das müsste ja eine Art "Gehirnwäsche" sein.

               

              Ein "Zwangsbesuch" in Auschwitz und / oder an anderen Orten der damaligen nationalsozialistischen Gewalt bringt es auch nicht, weil es hier ja nicht um eine Frage des Wissens oder Un-Wissens bzw. eines informationsdefizits geht.

               

              Es geht darum, dass diese Frau nach ihrem, durch sie selbst, "verbogenen" und "verqueren" "Wissen" die Tatsache leugnet, und zwar sehr bewusst und noch nicht mal "krankhaft".

               

              Eine angemessene und wirkende Strafe ist nicht möglich; unmöglich ist auch, diese Taten unbestraft zu lassen. Deshalb ist tatsächlich die Gefängnisstrafe das einzige probate Mittel, ihr Reden zu sanktionieren.

               

              So kann sie jedenfalls während ihrer Zeit im Gefängnis niemanden anders durch ihr Reden (negativ) beeinflussen.

  • Ich weiß nicht, wie man eine solche Frau bezeichnen sollte, aber sicherlich nicht als Grande Dame. Ich verstehe die taz manchmal immer weniger.

    • @Luise_Amy:

      Sie sprechen mir aus der Seele. Das passiert, wenn man gedankenlos mit Sprache umgeht.

      • @Nicky Arnstein:

        Da steht ja wohl "Grande Dame der Holocaustleugnerszene". Und das ist sie definitiv.

        Das passiert, wenn man gedankenlos liest....