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Urteil aus KarlsruheBND-Überwachung teils verfassungswidrig

Amnesty International hat erfolgreich geklagt: Das Verfassungsgericht verlangt Nachbesserungen bei der Überwachungspraxis des Bundesnachrichtendienstes.

Zentrale des BND in Berlin Foto: imagebroker/imago

Karlsruhe taz | Die strategische BND-Überwachung der Kommunikation mit dem Ausland ist verfassungswidrig ausgestaltet. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem an diesem Donnerstag veröffentlichten Senatsbeschluss. Geklagt hatte unter anderem Amnesty International (AI).

Von strategischer Überwachung spricht man, wenn der Bundesnachrichtendienst BND anlasslos Kommunikationsströme durchkämmt, die Telefonate, SMS und E-Mails enthalten. Der BND greift dabei gewaltige Datenmengen an den internationalen Kabelleitungen und Satellitenkommunikation ab. Mithilfe von Suchbegriffen, sogenannten Selektoren, werden verdächtige Nachrichten ausgefiltert, um sie näher zu prüfen. Am Ende sind meist nur einige Dutzend Kommunikationen relevant.

Die Überwachung der Kommunikation zwischen Deutschland und dem Ausland ist schon seit 1968 im sogenannten G-10-Gesetz geregelt. Ursprünglich sollten damit Kriegsvorbereitungen des Ostblocks aufgedeckt werden. Seit 1994 steht aber der Kampf gegen Terrorismus und illegalen Rüstungshandel im Vordergrund. 2015 wurde die strategische Überwachung auch auf Cyberspionage und Cybersabotage erweitert.

Aus formalen Gründen konnte Amnesty International nur gegen die letzte Erweiterung klagen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die strategische Überwachung schon 1999 überprüft und gebilligt. Aufgrund der enorm gestiegenen Bedeutung der digitalen Kommunikation fällte das Gericht nun aber eine neue Grundsatzentscheidung.

„Besonders schwerer“ Eingriff in Fernmeldefreiheit

Das Gericht stellte fest, dass es sich bei der strategischen Überwachung um einen „besonders schweren“ Eingriff in die Fernmeldefreiheit handelt. Denn die anlasslose Überwachung treffe potenziell jeden, der mit dem Ausland kommuniziere.

Allerdings sei diese Form der Überwachung grundsätzlich gerechtfertigt, so die Richter:innen. Denn die Gefahren durch kriminelle, terroristische oder staatliche Cyberangriffe seien „außerordentlich hoch“. Angriffe auf die IT-Infrastruktur bei der Energie-, Wasser oder Gesundheitsversorgung könnten ähnlich schwer wiegen wie ein bewaffneter Angriff.

Für verfassungswidrig erklärte das Verfassungsgericht aber die Ausgestaltung der strategischen Überwachung, weil sie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verletze. So fehle eine Regelung, die den BND verpflichtet, innerdeutsche Kommunikation, soweit technisch möglich, vorab auszusondern.

Unzureichend sei auch die Kontrolle der strategischen Überwachung durch die nebenberufliche G-10-Kommission, der zum Beispiel ehemalige Abgeordnete angehören. Erforderlich sei eine hauptberufliche Kontrolle. Vorbild dürfte der Unabhängige Kontrollrat sein, der seit 2022 die strategische Überwachung des BND im Ausland kontrolliert.

Der Bundestag hat Zeit bis Ende 2026, um die Mängel abzustellen. Bis dahin darf der BND weiter strategisch überwachen.

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