Unterwegs mit Adbustern: Renate kämpft (in Afghanistan)

Mit Kleister und Spraydose verfremdet die Kommunikationsguerilla Wahlplakate - gegen einen inhaltsleeren Wahlkampf. Am Freitag zogen sie ein letztes Mal los.

Das "Einsperren" und "Abschieben" hatten die Wahlkampfmanager vergessen. Bild: Lena Kampf

BERLIN taz | Der Berliner Wahlkampf glänzt vor allem durch Inhaltsleere. Die SPD wirbt ausschließlich mit Klaus Wowereits Gesicht, die Linke sagt zu allem "Ja". Und die CDU verspricht irgendwie aufzuräumen. Den Wahlkampf wieder mit gehaltvollen Aussagen zu füllen, wird so zu einem subversiven Akt. Acht Berlinerinnen und Berliner tun derzeit genau das: Mit Sprühkleister und Spraydose zeigen sie, was ihrer Meinung nach eigentlich auf den Plakaten stehen sollte. Um zwei Schlagwörter ergänzen sie die Botschaft von CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel: Jetzt steht auf seinem Plakat am U-Bahnhof Mehringdamm neben "Aufräumen" auch noch: "Abschieben" und "Wegsperren".

Adbusting nennt sich die Verfremdung der (PolitikerInnen-)Werbung. Die Berliner Gruppe will Fragen aufwerfen und die Wählerinnen und Wähler zum Nachdenken anregen: "Wir wollen daran erinnern, dass die Parteien auch für etwas anderes stehen, als für das, was in großen Buchstaben am Straßenrand prangt", sagt Judith*. Wie eben bei den Grünen.

Dass die Partei von Renate Künast 2001 auf Bundesebene für den Einsatz in Afghanistan gestimmt hat, das sollte auch dieses Mal nicht vergessen werden, findet die Kommunikationsguerilla. Vor ein paar Wochen legten sie der Spitzenkandidatin der Grünen deswegen eine Granate in die Hand. Das verfremdete Plakat wurde sofort entfernt. Die Fotos der Aktion dafür auf dem dokumentierenden Blog (bleib-passiv.de) umso mehr geklickt.

Am letzten Freitagabend vor der Wahl zogen sie noch einmal los. Schließlich sollten alle Parteien ihr Fett weg kriegen: "Wir wollen mehr Teilhabe als alle vier oder fünf Jahre wählen zu gehen", sagt Frieder*. Für ihn ist Adbusting auch eine Art, sich den öffentlichen Raum wieder anzueignen. Dass es sich dabei strafrechtlich um Sachbeschädigung handelt, stört ihn nicht - er nennt es künstlerische Freiheit.

Auf ihrem Weg durch Schöneberg müssen auch ein paar NPD-Plakate dran glauben: Was die Angst vor Überfremdung schürt, wird von Frieder und Judith nicht verfremdet, sondern abgerissen.

Bei der SPD geben sie sich deutlich mehr Mühe: Exakt bemessen ist das rote Viereck, auf dem sie Wowereits Wahlkampfwerbung noch einmal in eigenen Worten zusammen fassen: "Inhalt ist sooo 90er" prangt jetzt unter seinem Lächeln an der Yorkstraße.

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Zumindest Frieder geht am Sonntag trotzdem wählen. Jede Stimme zählt gegen Rechts, sagt er. Allerdings: Seine Stimme geht an keine der Parteien, deren Wahlplakate er heute wieder eine Botschaft gegeben hat.

* Namen von der Redaktion geändert

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