Unternehmensbesteuerung in der EU: Brüssels Plan gegen Steuertricks
Ohne Briefkästen und mit mehr Transparenz: Die EU-Kommission will Konzerne besser besteuern. Doch ein Problem bleibt.
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Dabei ist eine Reform dringend nötig, wie ein aktuelles Urteil des EU-Gerichts gezeigt hat. Brüssel hatte den US-Konzern Amazon zu einer Steuernachzahlung von 250 Millionen Euro verdonnert. Doch das Gericht hob die Strafe auf: Es sei nicht ausreichend erwiesen, dass die Arrangements in Luxemburg eine unzulässige Bevorzugung darstellten. Es war nicht die erste Schlappe der Kommission.
Deshalb versucht es Gentiloni nun anders. Er kündigt ein Maßnahmenbündel an, das sowohl auf die Konzerne als auch auf die EU-Steuerparadiese zielt. Zudem beruft er sich auf den Industrieländerclub OECD, wo bereits internationale Verhandlungen über eine gerechtere Unternehmensbesteuerung laufen. Mit dieser Salamitaktik, so die Hoffnung, könnte sich der Widerstand gegen eine Reform überwinden lassen.
Konkret schlägt die EU-Kommission vor, den Missbrauch von Briefkastenfirmen für Steuertricks zu erschweren. Ein passender Gesetzentwurf soll bis Jahresende vorliegen. 2022 soll dann ein Rechtsakt folgen, der große Konzerne dazu zwingen würde, den tatsächlichen Steuersatz auf ihre Gewinne offenzulegen. So will Brüssel die „Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert“ schaffen – 20 Jahre nach Ende des 20. Jahrhunderts.
Auf lange Sicht soll ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Besteuerung von Unternehmen in ganz Europa geschaffen werden. Außerdem stellt Brüssel eine Mindeststeuer in Aussicht, will aber die OECD-Verhandlungen abwarten. „Die Vorschläge sind gut, aber es fehlt an einem Plan für die Durchsetzung“, sagte der grüne Finanzexperte Sven Giegold. Eine Chance hätten sie nur, wenn die EU die Einstimmigkeit bei Steuerfragen aufheben würde. Sonst reicht eine einzige Gegenstimme, um alles scheitern zu lassen.
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