Unterfinanzierung im Gesundheitswesen: Geld reicht nicht für Klimaschutz
Ein Gutachten zeigt, dass Krankenhäuser mehr fürs Klima tun könnten – wenn sie die Mittel dafür hätten. Außerdem stellen sich Kliniken auf höhere Gaskosten ein.
Berlin afp/dpa | Die Krankenhäuser fordern mehr Gelder für Investitionen in den Klimaschutz. „Krankenhäuser können als Großverbraucher einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten“, erklärte Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), am Dienstag in Berlin. Die seit Jahrzehnten unzureichende Finanzierung der Investitionskosten zwinge Kliniken jedoch dazu, die knappen Mittel vorrangig für die notwendigsten Anschaffungen in der direkten Patientenversorgung zu verwenden. Jährlich fehlten mehr als drei Milliarden Euro, die von den Ländern nicht aufgebracht würden.
Insgesamt werden laut DKG rund fünf Prozent des nationalen Ausstoßes an Treibhausgasen dem Gesundheitswesen zugeschrieben. Ein Großteil davon entfällt demnach auf die Krankenhäuser. Nach einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) steht bei 71 Prozent der befragten Kliniken Klimaschutz auf der strategischen Agenda. 38 Prozent der Häuser haben Leitlinien und Zielvorgaben zur Energieeinsparung und Nachhaltigkeit etabliert, 30 Prozent beschäftigen Klimamanager.
63 Prozent der befragten Kliniken sehen Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der Energie- und Stromversorgung. Bei der Wärmeversorgung sieht jedes zweite Krankenhaus Handlungsbedarf, etwa bei den technischen Anlagen, der Wärmerückgewinnung und dem Primärenergiemix. Erneuerbare Energien kommen bislang nur begrenzt zum Einsatz. Potenzial gibt es demnach auch bei der Kälte- und Wasserversorgung oder durch den kontrollierten Einsatz von klimaschädlichen Narkotika.
„Sollten alle individuell möglichen Maßnahmen umgesetzt werden, wären Investitionen im mittleren zweistelligen Milliardenbereich nötig“, erklärte Gaß. Er forderte einen Krankenhaus-Klimaschutzfonds, der von Bund und Ländern finanziert wird.
Mehrkosten beim Gas erwartet
Die deutschen Kliniken steuern außerdem auf hohe Mehrkosten für ihre Gasversorgung zu. Viele Kliniken dürften nach noch laufenden längeren Gas-Verträgen spätestens ab kommendem Jahr von Preissteigerungen und kurzfristigen Schwankungen betroffen sein, machte Gaß am Dienstag in Berlin deutlich. Für größere Häuser mit mehr als 600 Betten bedeute eine Verdreifachung der Gaskosten, dass statt 800.000 Euro pro Jahr dann 2,4 Millionen Euro fällig würden.
Man könne in Krankenhäusern bei Volllast nicht beliebig Temperaturen herunterregeln, erläuterte Gaß. Sie seien auch nicht in der Lage, gestiegene Preise bei Energie, Lebensmitteln oder Medizintechnik irgendwie an Endkunden weiterzugeben. Um dies abzufedern und weitere wirtschaftlich bedingte Schließungen verhindern zu können, benötigten die Kliniken dringend einen Inflationsausgleich. Bei den Pauschalen für Behandlungsfälle als einziger Einnahmequelle der Kliniken sei in diesem Jahr eine gedeckelte Anhebung von 2,32 Prozent vorgesehen.
Gaß betonte, dass Krankenhäuser in der Prioritätenliste für den Fall von Gasknappheiten weit oben stünden und die Versorgung zumindest bis auf Weiteres gesichert sei. Sorge bereite aber die Abhängigkeit von Zulieferern wie Wäschereien, die ebenfalls auf Gas angewiesen seien. „Wenn die ausfallen, haben wir in wenigen Tagen in den Krankenhäusern ein Problem.“
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