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Unruhige Gewässer

OSTASIEN Chinesische Kriegsschiffe kreuzen nahe Taiwan und Japan. Die Nervosität in der Region wächst. Was wird Trump tun?

Manöver: Chinas erster Flugzeugträger „Liaoning“ und Begleitschiffe in der Südchinesischen See Foto: reuters

Aus Peking Felix Lee

Gleich mehrere Kriegsschiffe der Volksrepublik China haben sich am Mittwochmorgen Taiwan und Japan genähert – und in der Region große Besorgnis ausgelöst.

Taiwanische Medien berichteten, Chinas bislang einziger Flugzeugträger „Liaoning“ habe die Meeresstraße zwischen der Insel und dem Festland passiert. Drei weitere chinesische Kriegsschiffe zogen ungewöhnlich dicht an Kyushu vorbei, einer der vier Hauptinseln Japans, ohne aber in japanische Hoheitsgewässer einzudringen.

Die Schiffe befanden sich auf der Rückreise von einem Manöver im Pazifik. Zwei Tage zuvor hatten mehrere chinesische Kampfjets die Region überflogen.

Pekings Politiker wollen die Manöver nicht als Reaktion auf die Haltung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump gegenüber China verstanden wissen, ebenso wenig wie auf die schlechten Beziehungen zum Erzrivalen Japan. Mit dem derzeitigen Besuch von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in Lateinamerika, die auf ihrem Weg dahin auch einen Zwischenstopp in den USA einlegte, sollen die Militärübungen ebenfalls nichts zu tun haben.

Ist der Zeitpunkt also zufällig gewählt? „Die derzeitige Sicherheitslage in der Region ist nicht zufriedenstellend und hat für Misstrauen unter den Nationen gesorgt“, heißt es in einem Papier, das Chinas stellvertretender Außenminister Liu Zhenmin am Mittwoch vorstellte. Sein Land stehe vor „vielfältigen und komplexen Bedrohungen“ und habe die schwierige Aufgabe, die „nationale Einheit“ zu schützen.

Er dürfte damit auch auf die Insel Taiwan anspielen, die von Peking als abtrünnige Provinz und nicht als souveräner Staat betrachtet wird. De facto ist Taiwan seit dem Ende des Bürgerkriegs von 1949 eigenständig. Damals siegten die Kommunisten auf dem Festland. Die unterlegene Nationalpartei Kuomintang floh auf die Insel und herrschte zunächst diktatorisch mithilfe des Militärs. Inzwischen ist Taiwan eine eigenständig funktionierende Demokratie.

Die kommunistische Führung in Peking übt im Zuge ihrer Einchinapolitik seit Jahren Druck auf den Rest der Welt aus, Taiwan keinesfalls diplomatisch anzuerkennen. Mit Erfolg: Nur noch wenige Staaten – darunter der Vatikan – tun das. Die USA pflegen seit 1979 offizielle Beziehungen nur mit Peking, garantieren zugleich aber die Sicherheit Taiwans. Dass Trump nach seinem Wahlsieg offiziell einen Anruf der Taiwanerin entgegennahm, hat die Pekinger Regierung sehr verärgert. Zudem konnte Tsai vergangene Woche auf dem Weg nach Lateinamerika in Texas zwischenlanden und sich dort mit US-Senator Ted Cruz treffen. Auch dagegen legte Peking Protest ein. Die regierungsnahe Global Times drohte in einem Leitartikel mit „Rache“, sollte Trump von der Einchinapolitik abrücken. „Es gibt keinen Raum für Verhandlungen.“

Inzwischen fürchten viele Inselbewohner, dass Trump sich die Unterstützung Taiwans sozusagen abkaufen lassen könnte: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Trump uns zur Verhandlungsmasse macht“, warnte der ehemalige Chef der Nationalen Sicherheitsbehörde, Tsai De-sheng, in der Taipei Times. Trump hat angedeutet, die Taiwan-Frage mit US-chinesischen Handelskonflikten zu verknüpfen.

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