Unruhen in Syrien: Syrische Armee rückt mit Panzern vor

Bei der Erstürmung der Küstenstadt Banias durch die syrische Armee sind offenbar mehrere Zivilisten getötet worden. Die Opposition legte erstmals einen Forderungskatalog an Assad vor.

Ein Mädchen in London hat sich ihr Gesicht mit der syrischen Flagge bemalt. Bild: reuters

AMMAN/DAMASKUS rtr/dpa | Die syrische Armee ist am Wochenende nach Angaben von Menschenrechtlern und Einwohnern mit Panzern in mehrere Städte des Landes eingerückt. Bei der Erstürmung der sunnitischen Bezirke der Küstenstadt Banias am Samstag seien sechs Zivilisten getötet worden, sagten Menschenrechtsaktivisten. Demnach schossen syrische Streitkräfte auch auf einen Protestzug von Frauen von Markab nach Banias und töteten dabei vier von ihnen.

Andere Medien berichten von drei Frauen, die erschossen wurden und fünf weiteren Demonstranten, die Verletzungen erlitten. Banias ist nach der südlichen Stadt Daraa die zweite Rebellen-Hochburg, in die das Militär einrückte.

Am Sonntag rückten die Streitkräfte Einwohnern zufolge zudem mit mindestens acht Panzern in Tafas im Süden des Landes ein. Bei den Demonstrationen nach den Freitagsgebeten waren 27 Menschen ums Leben gekommen. Seit Ausbruch der Unruhen vor sieben Wochen sind laut der syrischen Organisation Sawasiah mindestens 600 Zivilisten getötet worden.

Das Militär sei aus drei Richtungen in die 50.000 Einwohner zählende Stadt Banias eingedrungen, sagte die Menschenrechtler. Die Stadtteile mit alawitischer Bevölkerung - die mächtige Minderheit in dem arabischen Land - seien nicht betroffen gewesen. In Banias leben zu etwa 70 Prozent sunnitische Muslime und 30 Prozent Alawiten.

Telefon- und Internetverbindungen gekappt

Telefon- und Internetverbindungen in der Stadt sind größtenteils unterbrochen. Im ganzen Land sind nach Angaben von Menschenrechtlern mobile Internetverbindungen von den zwei Anbietern des Landes bereits am Freitag gekappt worden. Sawasiah sagte, die Regierung habe das rigorose Vorgehen gegen Kommunikationsverbindungen verstärkt, um den Informationsfluss aus dem Land zu unterbrechen. Es befinden sich keine ausländischen Journalisten mehr in dem Land.

Die Opposition legte erstmals nach Ausbruch der Proteste gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad vor sieben Wochen einen Forderungskatalog vor. Darin werden ein Ende der Gewalt gegen die Demonstranten verlangt, politische Freiheit und demokratische Wahlen innerhalb von sechs Monaten, nicht aber der sofortige Rücktritt Assads. Ihre Forderungen veröffentlichten die Oppositionellen auf der Facebook-Seite "Syrian Revolution 2011", die mangels einer freien Presse im Land als maßgebendes Medium der Demokratiebewegung dient.

"Die Lösung ist einfach", hieß es in dem an Assad gerichteten Facebook-Eintrag vom Samstag. "Hören Sie auf, auf die Demonstranten zu schießen, erlauben Sie friedliche Demonstrationen, entfernen Sie alle Bilder von sich und Ihrem Vater, lassen Sie alle politischen Gefangenen frei und erlauben Sie politischen Pluralismus und freie Wahlen innerhalb von sechs Monaten."

Assad könnte "zum Stolz des gegenwärtigen Syrien" werden

Assad könnte "zum Stolz des gegenwärtigen Syrien" werden, wenn er das Land von der Diktatur in die Demokratie führe. "Die Syrer wären Ihnen dankbar dafür, und es kann getan werden", schloss der Aufruf. Die Kritik an den Bildern bezieht sich auf den allgegenwärtigen Personenkult, den das Regime um Assad und seinen Vater Hafis betreibt. Assad junior hatte den im Jahr 2000 gestorbenen Langzeit-Herrscher im Amt beerbt.

Der Angriff auf Banias am Samstag ereignete sich wenige Stunden, nachdem die USA angesichts der Gewalt gegen Demonstranten weitere Sanktionen gegen die syrische Regierung angedroht hatten. Am Freitag hatten zudem die EU-Mitgliedsstaaten ein Waffenembargo, Reisebeschränkungen gegen Vertreter des Staates und das Einfrieren von Vermögenswerten beschlossen.

Experten halten die Sanktionen des Westens allerdings für unzureichend, um Syriens Elite wirklich ins Straucheln zu bringen. Demnach profitiert Assad auch vom fehlenden Druck der anderen autokratischen Regierungen in der Arabischen Liga. Am Samstag sagte der Generalsekretär des Golf-Kooperationsrats, Abdullatif al-Sajani, die arabischen Golfstaaten hätten keine Pläne, für Syrien einen ähnlichen Friedensplan wie für den Jemen auszuhandeln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.