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Unruhen in IndonesienPrabowo bleibt Opportunist

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Indonesiens Präsident reagiert auf die Proteste, genau so, wie er muss, um an der Macht zu bleiben. Die Krise des Landes wird so nicht gelöst.

Der Indonesische Präsident Prabowo Su­bianto hat auf die Proteste in seinem Land schnell reagiert – aber aus den falschen Gründen Foto: Ajeng Dinar Ulfiana/reuters

I ndonesiens Präsident Prabowo Su­bianto hat zweifellos ein Gespür für die Macht und den unbedingten Willen zu ihr. Das macht ihn oft zu einem prinzipienlosen Opportunisten. Etwa, wenn er auf dem Höhepunkt der Diktatur Suhartos 1983 dessen Tochter heiratet – und diese Ehe unmittelbar nach Suhartos Sturz für beendet erklärt wird.

Der damalige General Prabowo hatte gehofft, den Diktator zu beerben. Dem alternden Potentaten wollte er sich im April und Mai 1998 noch mit dem Verschwindenlassen Dutzender Aktivisten empfehlen. Auch mutmaßliche Putschpläne Prabowos ließen sich damals nicht umsetzen, den Machtkampf mit seinem Rivalen General Wiranto verlor er. Nach einer Karenzzeit im Ausland paktierte Prabowo dann mit Islamisten.

Im letzten Wahlkampf setzte der Millionär auf das populistische Versprechen kostenloser Schulessen. Das war seine einzige konkrete Maßnahme für die zahlreichen Unterprivilegierten des Landes mit 285 Millionen Menschen. Dass die Finanzierung unklar blieb und bald verkündete Einsparungen den Armen das Geld dann wieder aus der Tasche ziehen sollten, machte seinen Populismus zum Taschenspielertrick.

Jetzt reagierte er auf die Proteste gegen Luxus-Zulagen für Politiker immerhin entschlossen und schnell, entsprechend seinem im Wahlkampf vermittelten Bild eines starken Führers. Sofort besuchte er die Eltern eines Todesopfers der Polizei und versprach transparente Aufklärung. Auch spürte er, dass eine geplante Auslandsreise jetzt nicht opportun ist, und sagte sie ab. Zudem brachte er seine parlamentarische Regierungsfraktion zur Rücknahme ihrer so umstrittenen Selbstbedienung.

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Doch die Transparenzversprechen eines Politikers, der nie zur Aufklärung mutmaßlicher Menschenrechtsverbrechen beigetragen hat, sind schlicht unglaubwürdig. Das jetzige Versprechen bleibt opportunistisch. Für wirkliche Aufklärung und Aufarbeitung braucht es institutionelle Reformen im Polizei- und Sicherheitsapparat. Prabowo hat bisher nur die Rolle des Militärs in der Gesellschaft wieder gestärkt und „Checks and Balances“ geschwächt. Indonesiens derzeitige Krise wird damit nicht gelöst.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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