piwik no script img

Unruhen in ArgentinienSchwere Plünderungen in 40 Städten

300 Supermärkte im ganzen Land werden ausgeraubt. Zwei Personen werden erschossen, 500 festgenommen. Der Schaden geht in die Millionen.

Rauchschwaden über einem Vorort von Buenos Aires. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz | Argentinien hat kurz vor Weihnachten eine Welle von Plünderungen erleben müssen. Rund 300 Supermärkte und Läden in 40 Städten und Orten wurden mehr oder weniger ausgeräumt, über 500 Personen festgenommen, zwei Menschen kamen zu Tode, es gab zahlreiche Verletzte und über 500 Festnahmen. Der Schaden wird auf über 4 Millionen Euro geschätzt.

Die Ereignisse erinnern an den Dezember 2001, als es landesweit zu Plünderungen kam und der damalige Präsident Fernando de la Rúa zurücktreten musste.

„Frohe Weihnachten. Alles gratis zum Mitnehmen“, schrieb ein Beteiligter an die Wand eines Einkaufsladens in der Stadt Bariloche. In der patagonischen Touristenstadt hatte die Plünderungswelle ihren Ausgang genommen. Zahlreiche Menschen aus der Armensiedlung Alto von Bariloche forderten letzten Donnerstag vor einem Supermarkt kostenlose Lebensmittel ein, eigentlich eine seit Jahren vielerorts stattfindende Aktion.

In Bariloche wurden statt der erwarteten 4.000 der sogenannten Weihnachtstüten nur einige hundert namentlich ausgestellte Gutscheine ausgegeben. Die Nachricht von der ersten Plünderung wirkte dann wie ein Startschuss. Kaum war sie über Radio und Fernsehen verbreitet, wurden aus dem ganzen Land Angriffe auf Geschäfte und Plünderungen gemeldet. Am schwersten betroffen waren die Stadt Rosario und der Norden des Großraums von Buenos Aires.

Während die Fernsehsender Bilder von vermummten Jugendlichen zeigten, die Plasmabildschirme wegschleppten, lagen die am stärksten betroffenen Geschäfte mitten in den Stadtvierteln, die vor allem von Chinesen betrieben werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • J
    jimmygjan

    Leider besteht die Befürchtung, wenn die "Schere" zwischen arm und reich in Deutschland immer größer wird, dass auch hier die Unzufriedenheit immer größer wird, so dass auch in Deutschland derartiges zu beobachten sein wird.

     

    Das "schlimme", vielmehr dass absolut wiederliche daran ist, dass der Personenkreis, welcher dafür die Verantwortung trägt, wie Politiker und Banken, sodann ihr "Schäflein" längst ins "trockene" gebracht haben, wenn diese denn überhaupt beim großen "Knall" noch Deutschland verblieben sind.

     

    Man verzeihe mir die Bemerkung, dass ich gar nicht so viel essen kann, wie ich ko..... muß!

  • S
    smukster

    Revolution? Nee, sicher nicht.

     

    Lebensmittel? Auch. Aber wie gesagt, Arg ist kein Elendsland, die Leute haben genug zu essen! Wenn auch ev. nicht jeden Tag soviel Fleisch, wie sie gerne haetten...inwiefern die Fernsehbilder, die das Mitnehmen von Fernsehern (d.h. eben NICHT von Lebensmitteln) zeigen, repraesentativ sind, kann ich nicht sagen - moeglich, dass das Teil der Medienmanipulation ist.

  • SB
    Spende bitte.

    Angesichts von Toten hier bezüglich Lebensmitteln von hohem Sachsachaden zu sprechen ist schon peinlich.

     

    Wenn also arme Menschen sich ihre Lebensmittel mitnehmen, die illegalerweise ich die Hände von profitorientierten Konzernen gelangt sind, wie soll das dann bitte Plünderung sein?

     

    ***

     

    Übrigends: Wenigstens zu Weihnachten hätte die Taz ja mal für Hartz-IV-Empfänger in besonderen Nöten (das bin ich) zu Spenden aufrufen können.

     

    Der Terrorstaat will noch 2.000€ von mir wegen Lebensmitteldiebstahl und der Strom wird wegen ganzen 150€ auch wieder abgestellt.

     

    Im Gegensatz zu den Medien-Hartz-IV-Empfängern, die von der Linken nen Weihnachtsbaum bekommen, haben die meisten Arbeitslosen dringendere Sorgen - wie z.B. sich ne vernüftige Winterjacke lesiten zu können.

     

    Wer spenden möchte kann mich hier kontaktieren.

  • F
    FreeFood

    Die wegwerfmentalität der Supermärkte ist nicht aktzeptabel ,diese Plünderungen sind normale Reaktionen .

  • S
    smukster

    In einem jahr in Argentinien habe ich zwar viel ueber ie hiesige Gesellschaft gelernt, dennoch faellt es mir schwer, die Pluenderungen einzuordnen. Es handelt sich mit Sicherheit nicht um Hungerproteste, denn dank staatlicher Fuersorge gibt es hier zwar Armut, aber kein Elend.

    Ich vermute(!), dass sich die Protestwelle als Warnung vor einem Grundeinkommen auf Armutsniveau lesen laesst: Zahllose Menschen werden hier (daurhaft) mit einem "Almosen" abgespeist, dass sie zwar ueberleben laesst, ihnen aber keinerlei Lebensperspektive bietet. Arbeit, Qualifikation, sinnvolle Beschaeftigung: Fehlanzeige. Dass sich dieses Gefuehl der Nicht-Teilhabe und der Benachteiligung dann ausgerechnet kurz vor dem grossen Konsumfest entlaedt, wuerde in dieser Lesart nicht ueberraschen.

    Und das Fernsehen berichtet natuerlich bruehwarm ueber die "heisse Story" und heizt die Welle damit erst richtig an - nur Dummheit oder beabsichtigt, das ist hier die Frage...das Land ist politisch extrem polarisiert, viele Medien stehen in scharfer Opposition zur Regierung von "CFK". Honi soit qui mal y pense.

     

    Gruss aus Catamarca,

    smukster

  • R
    ralf

    So ist das wenn die Schere zwischen arm und reich zu groß wird - Revolution.