Mediengesetz in Argentinien: Vorschrift ist Vorschrift

Am Freitag enden die einstweiligen Verfügungen gegen Artikel des Mediengesetzes, um das seit Jahren gerungen wird. Ein Ende der Meinungsfreiheit?

Die Gruppe Clárin ist das größte Medienunternehmen in Argentinien. Bild: dapd

BUENOS AIRES taz | Seit Oktober 2009 ist in Argentinien das neue Gesetz für Radio, Fernsehen und Kabel gültig. Die wichtigsten Eckdaten sind: Rundfunk und Fernsehen müssen zu jeweils einem Drittel von privaten, staatlichen oder gemeinnützigen Organisationen angeboten und betrieben werden.

Statt bisher 24 Radio- oder Fernsehkanäle soll ein Unternehmer nur noch zehn Kanäle betreiben dürfen. Zudem darf, wer über Antennenempfang ausstrahlt, in derselben Senderegion nicht gleichzeitig über Kabel senden und umgekehrt. Die Medienmultis hatten ein Jahr Zeit, sich von ihren entsprechenden Doppelungen zu trennen.

Seit drei Jahren tobt nun der Streit zwischen den einstmals Verbündeten der Kirchner-Regierung und der Gruppe Clárin. Vorher noch ein Herz und eine Seele, kam es Ende 2008 zum Bruch zwischen den Kirchners und dem Medienriesen. Seither gehen beide wie schlecht Geschiedene aufeinander los.

Vielfältig

Die Gruppe Clárin ist das größte Medienunternehmen in Argentinien. Ihre Besonderheit ist jedoch nicht so sehr die Größe – in Südamerika gibt es weit größere Medienmultis –, sondern dass sie in allen vier Bereichen aktiv ist: als Kabelbetreiber, als Fernsehmacher, als Radiomacher und als Printmedienhersteller. Das Gesetz betrifft den Printbereich jedoch nicht.

Während die Regierung mit dem Gesetz das Ende der Medienmonopole verkündet, sieht Clárin die Meinungsfreiheit in Gefahr. Kaum war das Gesetz verabschiedet, erwirkte Clárin bei Gericht eine einstweilige Verfügung gegen zwei entscheidende Gesetzesparagrafen, die die Gruppe zu einer empfindlichen Abgabe von Teilen ihres Geschäfts zwingen.

Die sei nicht verfassungskonform, so Clárin. Und obgleich diese Verfassungsklage noch nicht beantwortet ist, entschied der Oberste Gerichtshof, dass die einstweilige Verfügung heute, am 7. Dezember, endet.

Bis zum Stichtag müssen nun alle Medienunternehmer ihre Umstrukturierungspläne bei der zuständigen Behörde zumindest eingereicht haben. Und während Clárin sich weigert, einen Plan einzureichen, mobilisiert die Regierung schon seit Wochen für den 7 D, den 7. Dezember. Danach werde das Gesetz nach Vorschrift umgesetzt.

Bei dem ganzen Getöse geht völlig unter, das in wichtigen Bereichen auch drei Jahren danach nicht viel vorangekommen ist. Gilt gerade die Dreidrittelaufteilung als das Fortschrittlichste, was es im Bereich Mediengesetze gibt, hat sich in dem Drittel, der für Fernseh- und Radiosender für die gemeinnützigen Organisationen vorgeschrieben ist, fast nichts getan.

Lediglich eine Baugewerkschaft und eine private NGO konnten bisher vorläufige Lizenzen ergattern. Dagegen blieben Projekte wie Barricada TV auf der Strecke.

Schlecht für Nischensender

Der kleine, alternative Fernsehsender sendet seit 2008 aus einer ehemals besetzten Fabrik mit einer Antennenreichweite von 7 Kilometern über die Dächer der Hauptstadt Buenos Aires. Von Anfang an bemühten sich die 15 MacherInnen um eine Kabellizenz nach dem neuen Gesetz. Doch sie kamen nicht einmal bis zur Antragstellung.

„Allein um überhaupt den Antrag zu stellen, müssten wir eine Gebühr von 23.000 Euro hinblättern“, sagt Hernán De Marco von Barricada TV. Zur Erfüllung der Bedingungen müssten sie zudem Arbeitsverträge vorlegen, die nicht zu finanzieren sind. Ehrenamtliche Arbeit kann nicht valorisiert werden. „Die Verantwortlichen in der Kontrollbehörde haben keine Ahnung, wie kommunitäre Sender ticken“, so De Marco.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.