piwik no script img

Unregelmäßigkeiten in der PeriodeAurora Menstrualis

Wenn die Blutung acht Tage zu früh einsetzt, muss etwas Seltsames vor sich gehen. Wahrscheinlich sind die Polarlichter daran schuld.

Polarlichter über Hessen Mitte Mai – beeinflussen sie den Zyklus? Foto: Lando Hass/dpa

W orauf kann man sich ­eigentlich noch verlassen? Auf terminierte ­Stimmungsschwankungen schon mal nicht! „Noch acht Tage bis zu Ihrer nächsten Periode“, drohte mir meine Zyklus-App. „Ihre Periode beginnt JETZT“, verlautete das Blut z­wischen meinen Beinen. Ein seltenes Ereignis.

Ich habe einen langen Zyklus, meist zwischen 34 und 36 Tagen. Wenn meine Periode unregelmäßig kommt, dann eher zu spät, ganz selten zu früh. Und niemals acht Tage zu früh! Das verwirrt mich kolossal. Wirklich. Was soll ich denn nun fühlen?

Normalerweise wäre ich heute wütend, jeden Satz meines Mannes unterm Mikroskop nach ­Verfehlungen durchsuchend. Morgen wäre ich traurig, schweres Herz, schwerer Kopf, schwere Beine, Antriebs­losigkeit, Entschuldigungen formu­lierend selbstmitleidig im Bett ver­lotternd.

Jetzt steht alles kopf. Ich blute zwar, aber eigentlich gibt meine Menstruation die ersten zwei Tage den Zauberlehrling Walle! Walle! In vollem Schwalle! oder wie das heißt. Dieses Mal ist sie schüchtern, warum denn bloß? Wir kennen uns doch seit über 25 Jahren.

Walle! Walle!

Na, gab wohl nicht viel abzulösende­ ­Gebärmutterschleimhaut. Vielleicht aber traut sie sich auch nicht, weil sie weiß, in welche Verwirrung sie mich mit ihrer Unzuverlässigkeit statt der sonstigen überpreußischen Pünktlichkeit gestürzt hat?

Was auch immer der Grund für ihre Schüchternheit und ihr ver­frühtes Eintreffen sein mag – ich bin nicht die Psychoanalytikerin meiner Monatsblutung, ich bin genervt. Und traurig. Und voller Selbstzweifel. Und habe Angst. Also fast alles – bis auf die Wut –, wie es sein sollte. Nur blute ich doch bereits. Dann kann es kein Prä­menstruelles Syndrom sein. Ein menstruelles Syndrom also. Das Prä wurde über­sprungen. Meine Menstruation ein Überflieger, Grundschule ausgelassen, gleich Abitur, ich bin ja so stolz auf sie.

Bin ich nicht, im Gegenteil. Langsam merke ich die Wut sich nähern, und zwar weil ich diesen Monat keine Erklärung für meine unangenehme Gefühlslage aufzuweisen habe. Keine Rechtfertigung. Vor mir und den anderen Betroffenen (allen Menschen, die mir nahe stehen).

Mut zur Schwere

Die Sonne scheint (okay, die mag ich eh nicht so, anderes Thema), ich habe wenig zu tun, ich bin gesund, der Kühlschrank ist voll, ich habe 200 ungelesene Bücher im Haus, gerade eine tolle Serie („Die Zweiflers“ in der ARD-Mediathek) begonnen, die weiterzugucken ich voller Vorfreude bin, es gibt folglich keinen Grund für meinen Schwermut. Ein interessantes Wort auch: Den Mut zur Schwere zu haben. Ja! Den besitze ich! Primär prämenstruell!

Bestimmt ließen sich in diversen Internetforen Erklärungen für das verfrühte Eintreffen meiner Periode finden. Höchstwahrscheinlich der Mond oder der Frühling, einem von beidem wird doch meist die Verantwortung zugeschoben.

Nein! Jetzt weiß ich! Es fällt mir wie Schuppen von den Augen, dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin: die Polarlichter! Wenn das keine Schlagzeile wert ist, dann nehmt mir den Mut zur Schwere.

For­sche­r*in­nen haben eine unglaubliche Entdeckung gemacht: eine mittelalte Frau im Norden Deutschlands hat ihre Periode acht Tage zu früh bekommen. Verantwortlich hierfür ist die – durch einen extremen Sonnensturm ausgelöste – Aurora Borealis. Klingt überzeugend, oder?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Sarah Lorenz
Sarah Lorenz wurde 1984 in Eckernförde geboren, lebt und schreibt auf St.Pauli. Seit 2023 Kolumne PMS-Ultras in der taz. Im Internet bringt sie unter dem Pseudonym Buchi Schnubbel allabendlich eine Kleinstadt an Menschen zu Bett.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Liebe Sarah, Sie müssen jetzt stark sein. Das sind die sich ankündigenden Wechseljahre.



    Ja, die beginnen so ab 40 mit der Prämenopause.



    Es wird weniger Progesteron produziert, die Gebärmutterschleimhaut wird nicht mehr vollständig abgelöst, die Menstruation wird schwächer.



    Trost? Irgendwann wird dann die Schleimhaut von mehreren Monaten auf einmal ausgestoßen. Viel Spaß!

    Es tut alles nicht weh ... aber es wird schwieriger, unregelmäßiger, der schöne gewohnte Rhythmus ist weg.

    Alles Gute für die nächsten 20 Jahre!