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Unkosten durch SchulbesuchKinderschutzbund will Gratis-Bildung

Alleinerziehende und Hartz-IV-Empfänger können Kita- und Schulbesuch kaum finanzieren, kritisieren Kinderschützer.

Schulgeld fällt keines an, dafür aber Kosten für die Mittagsverpflegung und Schulweg. Bild: dpa

BERLIN taz Der fünfjährige Max freut sich, er wird am Montag eingeschult. Sein neuer Ranzen steht schon seit Tagen gepackt neben seinem Bett. Seiner Mutter Tatjana hat die nahende Einschulung hingegen schlaflose Nächte bereitet. Die Schule hatte den Eltern eine Liste übergeben, was ihr Kind alles für den Unterricht brauchen wird: Malkasten, Federtasche, Turnschuhe, Hefter, Blöcke - Max Start ins Schulleben war für die alleinerziehende Studentin aus Berlin teuer. Den Schreibtisch haben die Großeltern finanziert: "Ich weiß nicht, wie ich sonst das Geld zusammenbekommen hätte."

Zwar zahlen Eltern in Deutschland kein Schulgeld - doch Bildung ist für ihre Kinder keineswegs gratis, kritisierte der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) zu Beginn des neuen Schuljahres in vielen Bundesländern. "Kinder aus armen Familien werden immer mehr von der Bildung abgekoppelt", warnte Heinz Hilgers, Präsident des DKSB, am Donnerstag in Berlin.

Denn neben der Ausstattung für die Einschulung müssten Eltern auch die Ganztagsbetreuung, die Mittagsverpflegung und Fahrtkosten bezahlen, rechnet Hilgers vor. "Bis zu 15 Prozent des Nettoeinkommens müssen Familien für Kita- und Schulbesuch einplanen." Vor allem Hartz-IV-Empfänger, Alleinerzieher und Migranten hätten Probleme, für die Kosten aufzukommen. Aber auch Eltern aus der Mittelschicht mit drei und mehr Kindern stellte der Schulbesuch vor finanzielle Probleme.

Wie viel die Eltern für die Schulbildung ihrer Kinder ausgeben müssen, ist je nach Bundesland verschieden: Ein Monatsticket für Schüler kostet in Köln 15 Euro, in Hamburg dagegen 32 Euro. Das Mittagessen in der Schule schlägt in Berlin mit 23 Euro, in München aber mit bis zu 80 Euro zu Buche. Tatjana aus Berlin hat ausgerechnet: "Zwischen 50 und 60 Euro muss ich für Max Schulausbildung monatlich mindestens beiseitelegen." Für die Tatjana, die als studentische Hilfskraft angestellt ist, bedeutet das eine Menge Geld.

In Deutschland leben circa 2,4 Millionen Kinder in Einkommensarmut. "Es ist ein Skandal: Bildung ist das beste Mittel, der Armutsfalle zu entkommen. Durch den hohen Kostenaufwand bleibt dieser Weg aber für einige verschlossen", sagte Sabine Walther, Geschäftsführerin des DKSB Landesverbandes Berlin.

Der Kinderschutzbund forderte daher, Chancengleichheit für alle Kinder herzustellen. Für Kinder aus einkommensschwachen Familien sollten die Schulbücher und das -essen bundesweit kostenlos sein. "Außerdem wäre eine Grundsicherung für Kindern notwendig, die alle anderen Sozialleistungen ersetzt. Unser Fernziel sind 450 Euro pro Kind - für alle", forderte Hilgers.

Tatjana meint, dass Bücher und andere Unterrichtsmaterialien von der Schule bereitgestellt werden müssten. Allerdings sei Bildung nicht nur Angelegenheit der Schule. "Ich möchte meinem Sohn ein gutes Vorbild sein. Und das bekommt er umsonst."

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