Universität der Zukunft: Forschen für die Deutsche Telekom

Eine neue Form der Partnerschaft: Auf dem öffentlich finanzierten Campus arbeiten künftig private Unternehmen. Das ist wohl die Zukunft der Universitäten.

Die Zentrale Forschungs- und Entwicklungseinheit der Telekom: In den Telekom Laboratories verknüft der Konzern Forschung mit Firmeninteressen. Bild: dpa

BERLIN taz | Axel Küpper ist Professor der Technischen Universität (TU) Berlin. Sein Gehalt, 77.810 Euro im Jahr 2009, bezahlte die Deutsche Telekom. Dafür vermarktet sie auch seine Forschungsergebnisse. Küpper erforscht im Auftrag der Telekom neue Produkte für Telekom-Kunden, in einem sogenannten Telekom-Laboratory, kurz T-Lab, an der Technischen Universität Berlin.

"Die Telekom Laboratories sind die zentrale Forschungs- und Entwicklungseinheit des Konzerns", heißt es bei der Telekom. "Dabei verfolgen alle Projekte das Ziel, innovative Dienste und Lösungen für die Kunden der Deutschen Telekom zu entwickeln." Neben Küppers sind sieben weitere TU-Professoren hier tätig, deren Stiftungsprofessoren im Wert von jährlich einer halben Million Euro von der Telekom bezahlt werden. Zusammen mit 180 TU-Mitarbeitern und 180 Telekom-Angestellten entwickeln sie Produkte für die Informationsgesellschaft von morgen. Geleitet wird das Deutsche Telekom Innovation-Center (DTIC) von der Deutschen Telekom.

Die Forschungsabteilung eines Unternehmens auf einem öffentlich finanzierten Campus - das ist nicht nur kein Einzelfall, das ist vielmehr die Zukunft. Cornelia Quennet-Thielen, Staatssekretärin im CDU-geführten Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung kündigte Mitte Juni auf einer Konferenz des unternehmensnahen Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft an, dass die Bundesregierung solche öffentlich-privaten Partnerschaften mit einer neuen Förderinitiative "Forschungscampus" unterstützen wolle. Als Vorbild nannte sie die T-Labs der Telekom-AG.

Solche An-Institute wie die T-Labs sind privatrechtlich organisierte Einrichtungen, die ökonomische und univerisitäre Interessen vernetzen. Feste Spielregeln für die Zusammenarbeit gibt es nicht, jede Hochschule setzt eigene Verträge auf. Die Vertretung der Hochschulen, die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) begrüßte im Jahr 1993 die Gründung solcher An-Institute als additive Forschungseinrichtungen. "Wichtig ist, dass die Hochschulen auf Augenhöhe verhandeln und Transparenz gewahrt bleibt", sagt Bernhard Lippert vom Arbeitsbereich Forschung der HRK.

Private Unternehmen haben Mitspracherechte an der Universität

Welche Blüten die Zusammenarbeit treiben kann, zeigte ein Vertrag der TU Berlin mit der Deutschen Bank, den die taz im Mai veröffentlichte. Darin sicherte sich die Deutsche Bank weitreichende Mitspracherechte zu, etwa bei der Besetzung von Professuren. So weit gehen die Telekom-Vertreter bei der Gründung der T-Labs im Jahr 2005 nicht. Doch auch die Telekom sichert sich Mitsprache, so etwa bei der Berufung von Professoren, die als Kernstück der Wissenschaftsfreiheit gilt.

"Die Telekom AG kann einen Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin mit Stimmrecht in die Berufungskommission entsenden. Darüber hinaus kann ein Mitarbeiter mit beratender Stimme, also ohne Stimmrecht, bei dem Berufungsverfahren mitwirken", bestätigt der Leiter des Präsidialamts, Ingo Einacker, der taz. Auch über die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Ergebnissen wacht die Telekom. Im Kooperationsvertrag, der der taz vorliegt, bedingt sich das DTIC aus, "zu beabsichtigten Veröffentlichungen von Ergebnissen innerhalb von vier Wochen Stellung" zu nehmen. Als Grund werden "schutzwürdige Interessen des Kooperationspartners" genannt. Laut der TU handele es sich um eine übliche Formulierung bei Auftragsforschung.

Die TU bezeichnet die Zusammenarbeit als Erfolgsmodell. Auch Küppers ist zufrieden: "Innerhalb meines Lehrstuhls mache ich, was ich will, Einschränkungen habe ich nicht erfahren."

Auch für die Telekom lohnen sich die Investitionen. Jede Woche werde ein Patent angemeldet, so Hans-Martin Lichtenthäler, Sprecher der Deutschen Telekom. Da es sich dabei um Arbeitnehmerideen handle, würden Patentanmeldungen fast ausschließlich im Namen des Unternehmens erfolgen. Der Wissenschaftler erhalte nach Auskunft der TU eine Prämie von 3.000 bis 4.000 Euro. Bei gemeinsamen Patentanmeldung - auch diese gibt es - teilen sich TU und Deutsche Telekom den Erlös. Zu welchen Teilen ist allerdings geheim.

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