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Union und SPD einig bei ErbschaftsteuerFirmenerben können aufatmen

Die Koalition lockert nochmals die geplanten Auflagen zur steuerlichen Begünstigung. Mit dem Kompromiss ist zumindest der Kabinettsbeschluss am Mittwoch gesichert.

Lockert sich die Krawatte – und Firmenerben die geplanten Auflagen: Wolfgang Schäuble. Foto: dpa

Berlin dpa | Union und SPD haben ihren Streit über die Reform der Erbschaftsteuer beigelegt und kommen der Wirtschaft nochmals entgegen. Spitzenvertreter der Koalitionsfraktionen und des Bundesfinanzministeriums einigten sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Montag auf die künftigen Regeln zur steuerlichen Begünstigung von Firmenerben.

Mit dem jetzt erzielten Kompromiss lockert die Koalition – vor allem auf Druck der CSU – nochmals die Vorgaben zur Verschonung von Firmenerben. Sie fallen weniger scharf aus als zunächst geplant. Der Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann nun wie geplant an diesem Mittwoch im Kabinett beschlossen werden.

Zuletzt hatte vor allem die CSU, aber auch die SPD die bereits nachgebesserten Pläne Schäubles kritisiert. Die CSU hatte großzügigere Auflagen zur Bevorzugung von Firmenerben bei der Erbschaft- und Schenkungssteuer gefordert. Der SPD wiederum gingen die ersten Korrekturen zugunsten der Wirtschaft zu weit.

Steuerrabatte nur nach „Bedürfnisprüfung“

Bisher müssen Unternehmensnachfolger generell kaum Steuer zahlen, wenn sie den Betrieb lange genug weiterführen und die Beschäftigung halten. Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende 2014 aber schärfere Regeln für die Begünstigung von Firmenerben gefordert. Die Richter fordern unter anderem, dass bei größeren Unternehmen Firmenerben nur dann verschont werden dürfen, wenn sie in einer „Bedürfnisprüfung“ nachweisen, dass sie die Steuer nicht verkraften.

Die in der Wirtschaft umstrittene Freigrenze bis zu einer „Bedürfnisprüfung“ soll nun auf 26 Millionen Euro je Erbfall angehoben werden – statt der zunächst geplanten 20 Millionen Euro. Bei Familienunternehmen mit Kapitalbindungen liegt diese Schwelle jetzt bei 52 Millionen Euro statt 40 Millionen Euro.

Unterhalb dieser Grenzen kann der Erbe oder Beschenkte künftig weiter automatisch in den Genuss der Verschonung kommen. Wenn das Unternehmen lange genug weitergeführt und Arbeitsplätze erhalten werden, entfällt die Erbschaftsteuer größtenteils oder komplett.

Bei der „Bedürfnisprüfung“ soll privates Vermögen bis zur Hälfte herangezogen werden. Wer die Einbeziehung des Privatvermögens nicht will und sich nicht in die Bücher gucken lassen will, kann auf ein Abschmelzmodell zurückgreifen. Dann würde ein geringerer Teil des Unternehmensvermögens von der Steuer verschont. Großerben müssen also wählen: Entweder sie beantragen die „Bedürfnisprüfung“, um üppige Steuerrabatte zu nutzen, oder sie zahlen künftig weit mehr.

Arbeitsplätze erhalten

Bei diesem „Abschmelzmodell“ gibt es Änderungen gegenüber den letzten Plänen. Wenn der geerbte Anteil 116 Millionen Euro wert ist, gibt es im Normalfall – Weiterführung des Betriebs über 5 Jahre – nur noch einen Steuerrabatt von 20 Prozent, im Extremfall (7 Jahre Weiterführung) sind es 35 Prozent. Bei Familienunternehmen mit Kapitalbindungen und der höheren Freigrenze gilt dieser Abbaupfad zwischen 52 Millionen und 142 Millionen Euro. Zum Vergleich: Bisher war ein Steuerrabatt von 85 beziehungsweise 100 Prozent üblich.

Grundsätzlich müssen künftig mehr Unternehmen nachweisen, dass sie für die erlassene Erbschaftsteuer Arbeitsplätze erhalten. Nur bei Kleinstbetrieben mit bis zu drei Mitarbeitern wird auch künftig die Lohnsumme nicht kontrolliert. Bei Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern gelten weniger harte Auflagen. Der Kompromiss sieht eine weitere Stufe zwischen 11 und 15 Beschäftigten vor, für die auch lockerere Vorgaben als üblich gelten. Bisher waren Firmen mit bis zu zwanzig Mitarbeitern von der Pflicht befreit, die Lohnsumme nachzuhalten. Das war den Verfassungsrichtern zu großzügig.

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6 Kommentare

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  • Union und SPD einig darüber, auch weiterhin in Deutschland Reiche zu schonen und die Mittelschicht auszuquetschen, denn das ist die Essenz dieser Maßnahme.

     

    Wenn ein Betrieb einen Wert von €25 Mio. hat und sich die Besitzverhältnisse ändern, kann der Staat, muss der Staat auch besteuern. Wenn eine Frau mit sechs Kindern im Discounter Milch kauft, müssen sie trotzdem Steuern bezahlen.

     

    Dass jemand von der Steuerpflich gänzlich befreit wird, ist absoluter Unsinn und erhält nur das Vermögen, nicht die Arbeitsplätze. In den letzten 25 Jahren ist die Produktivität jährlich gewachsen, nicht entlang von Zyklen oder von Krisen. Jährlich haben Betriebe entsprechend auch entlassen. Es gibt in Deutschland kaum noch sichere Arbeitsplätze und wahrscheinlich wird es nie wieder Vollbeschäftigung geben.

     

    Warum hier jetzt so ein Argument gebracht wird, verstehe ich nicht.

     

    Auch bei einer Vererbung eines Betriebs gibt es keine Beschäftigungsgarantie, sondern es wird betriebswirtschaftlich entschieden, sprich es geht darum, den Gewinn zu steigern. Das ist nix anderes als ein Geschenk an Reiche, an Menschen, die Steuern sowieso schon sparen können und die dafür sorgen, dass einfache Arbeitnehmer praktisch für Alles aufkommen müssen.

    • @Andreas_2020:

      Es gibt überhaupt keinen legalen Grund für Erbschaftssteuer. Was immer Vatter besitzt hat er ja bereits mehrfach versteuert. Es an Sohn/Tochter weiterzugeben und zwar als Ganzes ist doch blos logisch.

       

      Auch ein Unternehmer oder seine Familie zahlt Steuer für die Milch vom Discounter und zwar genauso viel oder wenig wie jeder andere.

       

      Vollbeschäftigung: Deutschland hat zur Zeit den höchsten Beschäftigungsgrad seit Jahrzenten.

       

      Beschäftigungsgarantie, total fatal. Damit erzieht man sich Herscharen von under-performern.

      • @maxwaldo:

        Mit der Begründung könnte man eigentlich jede Steuer für sich ablehnen: Mehrwertsteuer - ist schon versteuert, das Unternehmen, die Mitarbeiter haben ja schon gezahlt. Gebühren - wurden ja schon mal bezahlt etc. Und klar, Maxwaldo, wir haben hier ein Beschäftigungswunder, wenigstens in der PR-Abteilung des Arbeitsministeriums. In der Realität haben wir ein stagnierendes Beschäftigungsvolumen. Das ist die bittere Realität, weil wir ja, fast immer ein Plus hatten, sprich die Wirtschaft wuchs, nur die Arbeitsplätze eben nicht mit.

      • 1G
        10236 (Profil gelöscht)
        @maxwaldo:

        Was immer Vatter besitzt hat er ja bereits mehrfach versteuert.

         

        Das mag sein, aber für seine Erben ist es ein frisches Einkommen und frisches Vermögen. Steuern sind immer noch grundsätzlich personen- und nicht dynastienbezogen.

        Von der (wohl vergessenen) Ausgleichsrolle der ErbSt ganz zu schweigen.

  • Da hat die Lobby ja wieder großartige Arbeit geleistet.

  • natürlich betrifft das nur Unternehmen die sich keine gewitzten Steuerberater leisten können, die grossen Familien wie Piech, Quandt oder andere haben ihre Kohle längst versteckt und profitieren noch von dem Wohlwollen derFinanzbehörden, so wie damalls VW, durch einen Trick sprten die Jungs damals 1.000.000.000 € Steuern das FA Hannover segnete es ab obwohl ein Einspruch möglich gewesen wäre man melkt immer die Kuh, die sich nicht wehren kann !