Ungewisse Zukunft für „Wired“-Magazin: Kein Herz für Nerds
Das Tech-Magazin „Wired“ auf dem deutschen Markt zu etablieren scheint gescheitert. Die Printproduktion in Berlin soll ausgesetzt werden.
Die Zukunft des deutschen Ablegers des US-amerikanischen Technikmagazins Wired erscheint derzeit ungewiss. Einer Meldung der Presseagentur dpa zufolge wird die Produktion der Printausgabe des Magazins mit sofortiger Wirkung ausgesetzt. Der Onlineauftritt bleibe aber weiterhin als zentrales redaktionelles Angebot bestehen.
Besonders bedroht ist wohl die Zukunft der Berliner Wired-Redaktion, welche die Printproduktion betreut. Ob sie weiter für Wired arbeiten können, ist unklar. Der Versuch, die Wired auch in Deutschland in Magazinform zu etablieren, scheint damit gescheitert.
In den USA ist die Wired dagegen seit der Ersterscheinung zu Beginn der 1990er-Jahre sehr erfolgreich. Dabei war sie immer mehr als eine klassische Computerzeitschrift: Durch eine innovative Themensetzung und einer modernen Aufmachung gelang es ihr, sich als Schnittstelle zwischen gesellschaftlichen und technischen Themen zu verankern. Mit dem Boom rund um die im Silicon Valley angesiedelten Tech- und Start-up-Unternehmen entwickelte sie sich zur Vorhut des digitalen Denkens in Magazinform – längst nicht nur für Nerds.
Die deutsche Ausgabe erschien 2011 erstmals als Beilage des Männermagazins GQ. Danach wurde sie halbjährlich vom Condé Nast Verlag mit Sitz in München herausgegeben, dem neben der GQ beispielsweise auch die Modemagazine Vogue und Glamour gehören. Der deutsche Verlag gehört wiederum zum weltweit agierenden US-Medienunternehmen Advance Publications mit Sitz in New York.
Im Oktober 2014 wurde der deutsche Ableger umfangreich gerelauncht. Von Seiten der Digitalchefin des Condé Nast, Nelly Kennedy, hieß bei der damaligen Vorstellung, die Wired sei ein Herzensprojekt des Verlags. Mit neuem Chefredakteur und zehn Ausgaben pro Jahr in einer Auflage von 120.000 Ausgaben und einer Vergrößerung der Redaktion sollte der endgültige Durchbruch in gelingen.
„Die gesamte Marke wird neu bewertet“
Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein: Bereits 2016 wurden die Produktion auf nur vier Ausgaben pro Jahr heruntergeschraubt, gleichzeitig stieg der Preis von 4,50 Euro auf 6,60 Euro. Trotz des eigenen hohen Anspruchs und vielfältiger Perspektiven fiel es der Wired schwer, Fuß auf dem deutschen Magazinmarkt zu fassen.
Gleichzeitig geriet Condé Nast im Ganzen unter Druck: Einem Bericht des Branchenkenners Meedia zufolge, versucht der Verlag die Ertragslage zu optimieren, nachdem alle Magazine deutliche Verkaufseinbußen verzeichneten und sich beispielsweise Mercedes entschloss, ein millionenschweres Angebot zur Produktion des firmeneigenen Magazins zurückzuziehen.
Auf Nachfrage bekräftigte die Pressesprecherin des Condé Nast Verlags Ines Thomas die Entscheidung, die für das erste Halbjahr geplanten Wired-Ausgaben nicht wie geplant zu produzieren. Man befinde sich derzeit in einem Prozess zur Findung einer neuen Markenstrategie, so Thomas zur taz. Das Redaktionsbüro der Wired war am Dienstag für eine Stellungsnahme nicht zu erreichen.
Informierten Kreisen aus dem Umfeld des Verlags und der Redaktion zufolge wird dieser Prozess jedoch seit Längerem intern kommuniziert: Da sich die Verkaufszahlen nicht wie erhofft entwickelten, sei eine längerfristige Perspektive für die Printproduktion ungewiss. Das sei vielen klar gewesen, am gestrigen Dienstag sei der Redaktion dann die Entscheidung des Verlags, nicht länger am Magazin festhalten zu wollen, mitgeteilt worden.
Verlags-Pressesprecherin Thomas will sich im Gespräch mit der taz nicht festlegen: „Die gesamte Marke wird nun neu bewertet.“ Auch der taz gegenüber geäußerten Informationen, dass die Berliner Redaktion definitiv geschlossen werden soll, widerspricht Thomas. „Die Schließung des Standortes ist eine wahrscheinliche Option, aber noch nicht final.“
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