Ungebetene Post der Bundestagsfraktion: AfD wanzt sich an Sportvereine ran
Ihren so genannten „Königsbrief Sport“ verschicken AfD-Bundestagsabgeordnete an Sportvereine. In Niedersachsen reagieren einige genervt.
D as Magazin wurde ungefragt versendet: In der vergangenen Woche fand Mark Mühlhaus vom Aikido-Verein „Kyushindo“ in Hannover im E-Mail-Postfach eine digitale Fassung vom „Königsbrief Sport“. Der Name des „Sportmagazins aus dem Deutschen Bundestag“ erregt nicht direkt Aufmerksamkeit, das Design – gewelltes Schwarz-Rot-Gelb auf blauem Grund – schon eher. Das Magazin verantwortet Jörn König, AfD-Bundestagsabgeordneter aus der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Auf dem Cover fehlt das Parteilogo der AfD. Mit der ersten Ausgabe des siebenseitigen Magazins möchte König wohl nicht gleich dessen politische Ausrichtung sichtbar machen und so verhindern, dass es direkt aus Posteingängen gelöscht wird. Der Aikido-Verein ist aber die falsche Adresse für die AfD: Aikido sei „kein Wettkampf“, sondern ein „Miteinander“, bei dem es „weder Sieger noch Verlierer gibt“, heißt es auf der Website. „Gegenseitiger Respekt“ mache das Training aus.
Dieses Profil passe wenig zum Programm der AfD, sagt Mühlhaus, einer der Trainer des Vereins. „Wir wollen keine Post bekommen von Nazis oder Faschisten der AfD“, betont er und berichtet, dass der Verein schon seit Jahren mit „Gruppen der Flüchtlingssolidarität“ zusammenarbeitet. „Bei uns können Geflüchtete, egal aus welchem Land, kostenlos trainieren“, sagt er. „Wir stehen komplett für Vielfalt“ – im Gegensatz zu der Partei.
In Niedersachsen haben weitere Sportvereine digitale Post von der AfD erhalten. Seit rund einer Woche ist dem Landessportbund Niedersachsen (LSB) die Versendung des Magazins bekannt, sagt Jaak Beil vom LSB. Einzelne Mitglieder hätten auf die Zusendung hingewiesen und „sich kritisch über die ungefragte Kontaktaufnahme der AfD geäußert“, so Beil.
Der Landessportbund hatte schon früh Distanz markiert
Wie unerwünscht sie ist, hat der LSB bereits vor langer Zeit signalisiert. Am 8. November 2017 hatte das Präsidium den Beschluss gefasst, „die AfD in Niedersachsen nicht als vertrauensvollen Partner für eine Zusammenarbeit mit dem LSB anzuerkennen“. Man werde sich aber „etwaigen inhaltlichen Diskussionen mit Vertreterinnen und Vertretern der AfD“ stellen, heißt es weiter in dem Beschluss. Für die kommende Präsidiumssitzung im Dezember werde der Beschluss gerade aktualisiert, heißt es
Mit dem „Königsbrief Sport“ versucht die AfD nun, Sportvereine und -klubs direkt anzusprechen. Die Aktion folgt der anhaltenden Strategie, im vorpolitischen Raum weiter an Akzeptanz zu gewinnen. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Klaus Stöber unterstützt seinen Parteikameraden König, der auch dem Kreisverband Hannover-Stadt vorsteht.
Beide kündigen an, das Magazin als „monatlichen Rundbrief“ zu verschicken. In der ersten Ausgabe wird beklagt, dass durch die „rückläufige Spitzensportfinanzierung und der zunehmenden Leistungsverachtung“ sportliche Erfolge in vielen Sportarten ausblieben. Der Hinweis auf die vermeintliche Leistungsverachtung dürfte als Kritik an einer nicht elitären Sportausrichtung verstanden werden.
König, selbst 1984 DDR-Vizemeister im Schwimmen, fordert auch die „Erhöhung der Prämien für Olympiasieger, Paralympicssieger, Medaillengewinner und Platzierte ab den Olympischen und Paralympischen Sommer- und Winterspielen in Peking 2022 und Paris 2024“. Mit dem Magazin wolle er zudem dokumentieren, wie sich die AfD im Bundestag für Anträge der Sportförderung stark mache und Kürzungen im Haushalt ablehne.
Ein Auszug aus den „sportpolitischen Thesen“ der AfD-Bundestagsfraktion gibt einen Hinweis auf Königs weitere Haltung zum Thema: „Der Sport sorgt für gemeinsame Erlebnisse in Familien und im Freundeskreis.“ Sport stifte „Identität“ und stärke „die geistige und körperliche Gesundheit“. Familie und Freundeskreis? Ein enger Kreis. Im Magazin tauchen zwei Chancen des Sports nicht auf – nämlich Integration und Diversität zu ermöglichen.
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