Uneinigkeit über Kindergeld: Ampelkoalition will leise streiten
Wer Kinder hat, soll entlastet werden. Aber wie? Mehr Kindergeld würde den meisten Familien helfen. Doch die FDP setzt auf höhere Freibeträge.
Vor allem vom Koalitionspartner SPD kommt Kritik an diesem Vorhaben: Parteichef Lars Klingbeil sagte der Bild am Sonntag diese Pläne seien „ungerecht“, denn nur Familien mit sehr hohem Einkommen würden somit entlastet. Die FDP verweist darauf, dass das Kindergeld bereits 2023 erhöht wurde: „Der Kinderfreibetrag in der Steuer sollte dagegen im üblichen Verfahren nachgezogen werden. Nichts anderes ist geplant.“
Ob Eltern das Kindergeld oder die Kinderfreibeträge bekommen prüft das Finanzamt automatisch. Jährlich wird dabei berechnet, ob für die steuerlichen Erleichterungen durch die Freibeträge oder das ausbezahlte Kindergeld für die Eltern günstiger sind. Der Freibetrag wurde zum 1. Januar von 6024 Euro auf 6384 angehoben und soll nach den Plänen des Finanzministeriums rückwirkend auf 6612 Euro steigen. Das Kindergeld war zuletzt 2023 von 219 auf 250 Euro pro Monat und Kind gestiegen.
Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, nannte die Pläne des Finanzministeriums eine „schreiende Ungerechtigkeit“. Spitzenverdiener würden durch die Erhöhung des Kinderfreibetrags eine monatliche Entlastung von bis zu 377 Euro erhalten, während alle anderen lediglich 250 Euro Kindergeld erhielten. Schneider forderte eine schrittweise Anhebung des Kindergeldes und dass dieses mit der Entlastung der Spitzenverdiener gleichziehen solle: „Alle Kinder müssen dem Staat gleich viel wert sein.“
Bisher kein Kompromiss in Sicht
Eine Erhöhung des Kindergeldes würde deutlich mehr Kinder erreichen, als die Anhebung des Kinderfreibetrages: Laut Zahlen des Bundesfamilienministeriums wird für 67 Prozent der Kinder das Kindergeld gezahlt, während für 22 Prozent der Kinder der Kinderfreibetrag geltend gemacht wird. 11 Prozent der Kinder leben vom Bürgergeld.
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) äußerte sich am Dienstag nicht zu den Plänen des Finanzministeriums. Inwiefern Kinderfreibetrag und Kindergeld erhöht werden, sei derzeit Inhalt koalitionsinterner Gespräche, sagte ein Sprecher aus dem Familienministerium der taz. Zu den Gesprächen könne sich das Ministerium derzeit nicht äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut