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Und das sagen die PISA-Gebeutelten:„Schon lange heißt es, dass man hier das Abi ‚hinterhergeschmissen‘ bekommt“

Vor zwei Jahren, in der 9. Klasse, war die Bremerhavener Schülerin Nina Bittkowski eine von den ausgewählten SchülerInnen in Deutschland, die den Pisa-Test mitgeschrieben haben. Mit den jetzt vorgestellten schlechten Ergebnissen im Land Bremen vor Augen fragt sie sich jetzt: Sind die Bayern wirklich schlauer?

taz: Du hast in der neunten Klasse am Pisa-Test teilgenommen. Wie hast du davon erfahren, dass du den Test mitmachen solltest?

Nina Bittkowski: Unser Direktor hat zwei Monate vorher angekündigt, dass es einen Vergleichstest geben soll, und danach wurden die Namen der Prüflinge vorgelesen. Mein Nachname fängt mit B an, da war ich natürlich von Anfang an dabei.

Wie war der eigentliche Test?

Am Prüfungstag kamen alle zusammen in den Kunstraum und alles war professionell vorbereitet: Namensschildchen für jeden Schüler und zugeordnete Sitzplätze. Da hat man sich schon ziemlich wichtig gefühlt. Ich hatte ein wenig Prüfungsangst, aber so schlimm schien es dann doch nicht zu werden.

Viele Kritiker sagen, die SchülerInnen hätten den Test nicht ernst genommen. Wie ernsthaft warst du bei der Sache?

Ich habe es schon ernst genommen, aber für mich war auch klar: Der Test wird meine Schullaufbahn nicht beeinträchtigen. Wenn ich eine Frage nicht gleich konnte, habe ich sie übersprungen. In einer Klassenarbeit hätte ich zumindest versucht, sie zu lösen.

Bremen liegt bei den Ergebnissen auf dem letzten Platz. Sind Bremer SchülerInnen wirklich so viel dümmer als die anderen?

Ich finde nicht, dass wir automatisch dümmer sind. Aber schon lange wird behauptet, dass man hier sein Abi „hinterhergeschmissen“ bekommt. Mit dieser Studie sind die ganzen Gerüchte über das „leichte Abitur“ bestätigt worden. Die Schulen in Niedersachsen sollen schwerer sein.

Also sind Bremer SchülerInnen doch dümmer als bayerische?

Das glaube ich wirklich nicht. Alle haben die gleiche Lernkompetenz, aber wahrscheinlich wird in den anderen Bundesländern schon viel früher viel mehr Wissen eingetrimmt. Das heißt doch nicht, dass sie schlauer sind. Ich habe eine Freundin in Bayern, die mir immer erzählt, dass sie nicht vor 17 Uhr aus der Schule kommt. An mehr Unterrichtsstunden kann es natürlich auch liegen.

Hast du mit deinem Abschluss später Nachteile?

Also, jetzt sagt sowieso jeder, dass unsere Schulen schlechter sind. Probleme sind da unvermeidbar. Aber was können wir denn dafür?

Wer trägt die Verantwortung?

Natürlich sind viele Schüler auch recht faul und ich kenne nicht viele, die gerne lesen. Aber ich glaube, das Hauptproblem liegt woanders: Der Unterricht ist verbesserungswürdig. Ich hatte eine gute Deutschlehrerin, die uns Texte und Bücher mit Beispielen nahe gebracht hat. Als wir den „Schimmelreiter“ gelesen haben, waren wir am Deich, um den Schauplatz dieser Geschichte nachzuempfinden. In solchen Stunden waren alle begeistert dabei. Wenn der Unterricht mit der Realität verbunden wird, zum Beispiel mit Diskussionen und Aktionen, dann kann man mit dem Unterrichtsstoff viel mehr anfangen. Aber leider sind sowohl solche Unterrichtsstunden, als auch Lehrer, die so was machen, die Ausnahme.

Wie könnte man etwas ändern?

Die Lehrer müssten mal überprüft werden. Viele Lehrer sind selbst unmotiviert und alt, an der Schule als Lehrer aber angesehen. Wenn man als Schüler einen Lehrer kritisiert, wird man nicht ernst genommen. Egal ob man sich beim Direktor beschwert oder nicht, es passiert sowieso nichts. Irgendwann hört man auf, zu kritisieren.

Deine Test-Teilnahme ist jetzt schon zwei Jahre her. Würdest du gerne wissen, wie du abgeschnitten hast?

Interessant wäre das schon. Ich kann überhaupt nicht einschätzen, ob ich gut war oder nicht. Aber komisch fühlt man sich bei den allgemeinen Ergebnissen auch. Denn so doof können wir ja nicht alle sein.

Interview: Teena Ihmels

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