Umweltschützer warnen vor Desaster: Mehr Teller in den Tank
Nach einer Gesetzesänderung steigt der Mindestanteil von Biosprit von 3 auf 3,5 Prozent des Gesamtabsatzes für die zwei kommenden Jahre.
BERLIN taz | Kraftstoffhersteller müssen in den kommenden zwei Jahren mehr Biosprit an die Tankstelle bringen als ursprünglich vorgesehen. Der für 2015 und 2016 vorgeschriebene Mindestanteil steigt von 3,0 auf 3,5 Prozent des Gesamtabsatzes von Treibstoff. Ein entsprechende Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes verabschiedete der Bundestag am Donnerstagabend. Von 2017 an soll die Quote dafür weniger stark steigen als bislang geplant – statt 4,5 soll sie dann nur 4 Prozent betragen. Diese Entscheidung bewertete der Bundesrat am Freitag als „wichtigen Beitrag zum Klimaschutz“.
Die vorgeschriebenen Anteile für Treibstoffe vom Acker sollen dem Klimaschutz dienen. Allerdings ist der sogenannte Biosprit umstritten, weil durch den Anbau der Pflanzen gleichzeitig Flächen für Nahrungsmittel wegfallen. Zudem werden für neue Felder vor allem in Entwicklungsländern Wälder gerodet, was wiederum klimaschädlich ist.
Für den Grünen-Abgeordnete Peter Meiwalder, dessen Fraktion sich bei der Bestimmung enthielt, ist diese Änderung des Gesetzes deshalb „kein Klimaschutzgesetz, da das Problem der indirekten Landnutzungsänderungen nicht gelöst wird“. Trotzdem spricht er von „einem ersten Schritt für die Umwelt“.
Umweltschutzorganisationen wie Oxfam und Greenpeace beharren aber auf ihrem Standpunkt: Biosprit sei nicht so umweltfreundlich wie gedacht. Durch den Anbau von Monokulturen von Raps oder Palmöl würden oft Flächen für Nahrungsmittel oder riesige Wälder in Entwicklungsländer gerodet. „Der Biospritbranche wird mit der neuen Gesetzesregelung für die Jahre 2015/16 eine Absatzgarantie von rund 500.000 Tonnen zusätzlich geschenkt. Das entspricht einer Anbaufläche von 250.000 Hektar“, kritisierte Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale.
Dieses Präsent an die deutsche Biokraftstoff-Branche sieht der Verband als ein Danaergeschenk, dessen Auswirkungen besonders „desaströs“ für die Hungerbekämpfung und den Klimaschutz seien und außerdem die aktuelle Reformdebatte auf europäischer Ebene ignorierten.
Im Oktober 2012 hatte die Europäische Kommission gefordert, die Herstellung von Biokraftstoffen aus Nahrungsmitteln auf 5 Prozent vom gesamten Kraftstoff bis 2020 zurückzufahren und die Priorität der Produktion von Biokraftstoffen aus Abfällen den Vorzug zu geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen