Umverteilungs-Guerilla im Villenviertel: „Bares sonst gibt's Saures“
An Halloween erschrecken Aktivist:innen Reiche im Villenviertel Grunewald. Damit klagen sie die ungerechte Verteilung von Vermögen an.
In dieser Halloweennacht wird schnell klar: Über Umverteilung wollen im Grunewald nur sehr wenige Menschen reden. Die Initiative „Wer hat, der gibt“ hatte die taz eingeladen, dabei zu sein, wie sie „Bares oder Saures“ von den hier lebenden Reichen verlangt. „Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, freiwillig etwas von ihrem Vermögen abzugeben, zehn Prozent etwa“, sagt Pressesprecherin Janis Jansen.
Klappe das wider Erwarten nicht, müsse man Umverteilung am 12. November „von unten erkämpfen“. Ein Mobi-Video für den dann stattfindenden Sozialprotest zu drehen war der Anlass für die Spaßguerilla. Ziel sei es, „mit dem Finger auf den grotesken Reichtum von Menschen zu zeigen, die sich ansonsten in einer Parallelgesellschaft abschotten“, erklärt ein Aktivist die Aktion.
Empfohlener externer Inhalt
Tatsächlich ist beeindruckend, wie defensiv viele Reiche auf die Aktion reagieren. „Ich habe auch gerade meinen Job verloren“, sagt eine Frau Mitleid heischend, während sie auf der herrschaftlichen Vortreppe ihrer Villa steht. Ein Spaziergänger im Anzug versichert, privat „ganz viel Gutes“ zu tun – eine Vermögensteuer lehnt er aber als „vollkommenen Schwachsinn“ ab.
Reicht soziales Gepose nicht aus, um die Aktivist:innen abzuschütteln, wird es schnell ruppig. Als die Gespenster eine ältere Frau nach einer Vermögensabgabe fragen, verjagt ihr Mann sie mit einem Teleskopschlagstock vom Grundstück. Woanders wird den Aktivist:innen entgegengeschleuert: „Das ist der Vorteil von Menschen, die hier wohnen: Sie sind intelligent!“
Doch gerade, als alle Hoffnung auf ein solidarisches Zusammenleben verschwunden scheint, tut sich ein Silberstreif auf. Eine ältere Frau nickt lieb, als die Aktivist:innen sie nach Geld fragen. Sie geht in ihre Villa zurück, holt Süßigkeiten – und einen 20-Euro-Schein. Völlig überrumpelt vergessen die Aktivist:innen alle Klassengrenzen. „Sie sind das warme Licht vom Grunewald“, sagt ein Gespenst. Das Geld will die Initiative spenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken